homo sowjeticus

Seit 2001 wird das kulturelle Schachmagazin KARL bundesweit vertrieben. Jedes Heft setzt einen thematischen Schwerpunkt. KARL 3/2005 beschäftigt sich vor allem mit dem sechsten Schachweltmeister Michail Botwinnik. Über diesen Menschen, der das sowjetische Schach wie kein anderer prägte und die sowjetische Schachschule begründete, schreiben aus verschiedenen Perspektiven Johannes Fischer, Artur Jussupow, Mark Taimanow, Siegbert Tarrasch und Juri Awerbach. Genug Stoff, damit sich jeder ein eigenes Bild machen kann. Für mich entsteht die Vorstellung von einer vielschichtigen Persönlichkeit, die verbissen an der Professionalisierung des Schachs gearbeitet und die eigenen Interesse dabei stets durchgesetzt hat. Bezeichnend der Bericht Taimanows über die Vorbereitung Botwinniks:

Als erstes fiel mir auf, dass er für jeden Großmeister, der sein potentieller Gegner hätte sein können, ein Dossier angelegt hatte. Diese Unterlagen enthielten neben schachlichen Details alle möglichen Notizen zu der Vergangenheit oder dem Charakter der Spieler. Sie waren so exakt, dass sogar unser Geheimdienst KGB davon hätte lernen können.

Botwinnik hat viele hervorragende Partien gespielt, hier

die berühmte Abwicklung gegen den alternden Capablaca im AVRO-Turnier 1938. Nach Kasparows Gefühl leitete die Aufgabe Capablancas in dieser Partie das Ende eines heroischen Zeitalters im Schach ein. Eines Zeitalters, in dem die Titanen mit ihrem natürlichen Genie das Feld beherrscht hätten. Danach sei es die professionelle Haltung gewesen, die eine immer wichtigere Rolle gespielt und letztendlich den Weg zum Erfolg geebnet habe.

30.La3!! Dxa3 31.Sh5+! gxh5 32.Dg5+ Kf8 33.Dxf6+ Kg8 34.e7 Dc1+ 35.Kf2 Dc2+ 36.Kg3 Dd3+ 37.Kh4 De4+ 38.Kxh5 De2+ 39.Kh4 De4+ 40.g4 De1+ 41.Kh5 1-0

Ansonsten? Großmeister Michael Pruskin über seine lange Reise nach Deutschland, Harry Schaack über ein Internet-Schach-Bilder-Galerie-Projekt von Joachim Lehrer. Sowie Michael Ehn und Ernst Strohal über Ricardo Calvo, der das Verhältnis von Magischen Quadraten zum Schachspiel erforscht hat.

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