Eine gewonnene Stellung aufgeben

Die erste Runde in einem offenen Turnier ist immer für einen Favoritensturz gut. Eine kleine Sensation geschah auch beim XXII. Reykjavik Open 2006. Nach diesen 19 Zügen hatte Helgi Dam Ziska, ein 15-Jähriger von den Faröer-Inseln mit 2286 ELO, diese Gewinnstellung gegen Jan Timman herausgeholt.

Jetzt gewann die forcierte und schöne Zugfolge 20.Lxf7+ Kf8 21.Db3 Lxd6 22.Lg6 Le6 23.Dxe6 Lb4+ 24.Kf1 Dxe6 25.Td8+ Ke7 26.Lg5+ Df6 27.Lxf6+ Kxf6 28.Txh8 Kxg6 29.Txg4+ Kf5 30.Txb4. Ziska spielte jedoch

20.Sxf7??

und Timman — gab sofort auf! Wie ist dieser Kurzschluss zu erklären?

Die schwarze Stellung ist tatsächlich gewonnen. Nach 20…Lxa3 21.Sxe5+ Dxc4 22.Sxc4 Le7 behält Schwarz einfach eine ganze Figur mehr. Manuel Weeks vermutet, dass sich Timman schon vor dem 20. Zug von seinem nahenden Schicksal überzeugt hatte und der Meinung war, dass auch 20.Sxf7 gewinnt. Johan Hut glaubt, dass Jan Timman nach 21.Td8+ den Wegzug 21…Kh7 mit der weiteren Folge 22.Txh8+ Kg6 23.Sxe5+ für erzwungen hielt, weil er den Läufer auf a3 schon gedanklich abgeschrieben hatte und deshalb 21…Lf8 22.Sxe5+ Dxc4 23.Sxc4 Sc6 24.Te8 g6 25.Sd6 Kg7 nicht sah.

Das scheint mir plausibel. Irgendwo habe ich einmal gelesen, dass im Schach am häufigsten langschrittige Rückzüge auf Diagonalen übersehen werden. Vielleicht klärt Timman ja demnächst selbst diese Frage. Doggers schaak hat die Partie jedenfalls schon für die Aufnahme in Tim Krabbé’s Sammlung „The Ultimate Blunder“ vorgeschlagen.

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3 Kommentare

fuerchtegott 17. März 2006

Frage an Radio Jerewan: Wozu sind auf dem Schachbrett schwarze und weiße Felder? Antwort: Ohne diese Gliederung wäre es nicht benutzbar. Gleiches gilt für den Text in einem Weblog. Die schwarzen Felder sind die Zeilen mit Text und die Zeilen ohne Text sind weiß.

Etez 18. März 2006

Die Gliederung in schwarze und weiße Felder dient der besseren Unterscheidung, rein prinzipiell könnte man allerdings auch auf einem unifarbigem Brett spielen, womit immerhin das Problem des richtigen Aufbauens entfiele. Das ist bestimmt ein überlegenswerter Vorschlag für die FIDE, um Schach breitensportfähiger und werbewirksamer vermarkten zu können.

Administrator 20. März 2006

Yoko Ono hat überdies gezeigt, dass die schwarz-weiß-Unterscheidung letztlich einem veralteten Blockdenken entspringt. Die Schachblätter berichteten hier http://schachblaetter.de/?p=33 darüber.

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