Die letzte Oberligasaison habe ich für mich selbst gespielt. Da ein Klassenerhalt nicht realistisch war, wollte ich vor allem ein persönliches Desaster vermeiden. Bei einem Mannschaftsturnier muss man vor allem aufpassen, dass man von den Gegnern nicht als Schwachpunkt des Teams und leichtes Opfer ausgeguckt wird. Also vorbereiten, solide spielen und halbe Punkte sammeln. Das hat ganz gut funktioniert.
1. Runde gegen Jens Knud Andersen (Schachfreunde Hamburg)
Ich war ganz gut aus der Eröffnung gekommen und hier mutig genug, um mit 12.Sc3 vorübergehend einen Bauern zu geben (12.Sd2 war noch genauer, um später mit dem Springer auf b3 zu schlagen). Die schwarzen Bauern am Damenflügel sind schwach genug, und bald tauschte sich alles zum Remis ab.
2. Runde gegen Alexander von Gleich (SK Johanneum Eppendorf)
Wir hatten 13 Züge Theorie gespielt und bekam hier zum Glück ein Remisgebot. Die Analyse ergab, dass ich wahrscheinlich demnächst fehlgegriffen hätte. Alexander war am Vortag aus Mittelasien zurückgekehrt, müde von der Fahrt und fragte, wo man hier vernünftig Essen gehen kann. Die Frage ist ein bisschen lustig, wenn man ein Spiellokal in Schönwalde II hat.
3. Runde gegen Fabian Brinkmann (Hamburger SK III)
Die nächste Kurzpartie. Wir waren beide nacheinander in der Eröffnung kalt erwischt worden und nach 11 Zügen fast schon in Zeitnot. Der perfekte Moment für ein Remisgebot, dachte ich, und behielt damit recht. Ich rechnete mit 12.Sd1, die Maschine will mit 12.Lg2 Lxf2+ 13.Kf1 tatsächlich den Bauern zurückgeben und Fabian erzählte mir hinterher, dass er das überraschende 12.g4 überlegt hatte. Ich war froh, dass ich darüber nicht mehr nachdenken musste.
4. Runde gegen Almar Kaid (SK Norderstedt)
Diesmal hatte die Vorbereitung funktioniert. Hier hatte ich das Schlimmste überstanden und als 21.Lxf6 mit Remisgebot kam, musste ich gegen einen so starken Spieler nicht lange überlegen, ob ich mit 21…Txd3 22.exd3 Lxf6 wirklich behaupten wollte, aus dem Läuferpaar Honig saugen zu können. Objektiv gesehen stand Schwarz schon etwas besser. Subjektiv gesehen dachte ich an meinen Saisonplan.
5. Runde gegen Jan Peter Schmidt (Königsspringer Hamburg)
Ein glückliches Remis, der Weiße verpasste eine Gelegenheit.
6. Runde gegen Dustin Möller (Preetzer TSV)
Ein unglückliches Remis. Die erste Partie der Saison, in der ich klar besser stand (was gut war), und die ich hätte gewinnen müssen (was nicht so gut war).
7. Runde gegen Christoph Ramme (SK Marmstorf)
Ist das eigentlich noch Schach, wenn man es geschafft hat, die Eröffnungszüge zu rekapitulieren und dann Remis anbietet, bevor die Partie eigentlich begonnen hatte? Am Morgen war ich mit öffentlichen Verkehrsmitteln quer durch Hamburg von Groß Borstel nach Marmstorf gefahren. An diese Reise habe ich mehr Erinnerungen als an die Partie. Schönes Vereinslokal, ich durfte mir selbst in der Küche einen schwarzen Tee kochen!
8. Runde gegen Michael zum Felde (SV Bargteheide)
Diese Runde brachte meine einzige Gewinnpartie der Saison und unseren einzigen Mannschaftspunkt. Im königsindischen Endspiel hatte ich diese Traumstellung bekommen: Das Feld e4 ist in meiner Hand und der Läufer auf g7 dauerhaft eingesperrt, g6-g5 hatte die weißen Felder am Königsflügel geschwächt und jetzt erlaubte mir Michael noch, nach 31.Tf3 Txf3 32.Kxf3 mit meinem König einzudringen.
9. Runde gegen Sergey Kalinitschew (Lübecker SV)
Lübeck war schon vor der Runde aufgestiegen, stellte aber trotzdem die Bestbesetzung auf. Ich hielt meine Partie lange im Gleichgewicht, verlor aber zum Schluss die Nerven und der Großmeister brachte mich wieder auf 50 Prozent. Die Saison brachte mir 25 Elo-Punkte ein, nachdem es jahrelang bergab gegangen war. Dabei wird es wohl bleiben — die Verbandsliga wird nicht ausgewertet.





