Vom Brett- und Schachspil. Es ist bei den erleuchten und hohen Personen in Gothen und Schweden der Brauch, daß, wann sie ihre Töchter in ehrliche Ehe verheiraten wöllen, sie die Gemüter der jungen Gesellen, die umb sie werben, auff seltzame und wunderbarliche Art versuchen und erkundigen, insonderheyt aber in dem Brettspil oder Schachspil. Dann in disem Spil lasset sich gemeynlich Zorn, Lieb, Mutwil, Geitz, Faulkheyt, Zaghafftigkeyt und andere Untugende des Gemütes, deßgleichen auch das Glück, wie günstig oder ungünstig es dem Menschen sei, sehen. Derohalben haben sie auff solches acht und ob er eyn beuerisch Gemüt habe und sich unbescheydenlich vor der Zeit des Sigs berühme, ob er seinen Schaden und die Schmach mit Fürsichtigkeyt dulden oder mit Bescheydenheyt abwenden und fürkommen könne.
Olaus Magnus: Historia de gentibus septentrionalibus (1555)
5 Kommentare
Schön, dass dieses alte Stück wieder etwas zugänglicher ist. Bislang war es außerhalb von Archiven ja meist nur in ausgewählten Zitaten verfügbar.
Unsereins verbindet ja mit dem Bischof eine lange Bekanntschaft: Schätzungsweise im Alter von 3-4 Jahren dürften wir das erste Mal im Stralsunder Meereskundemuseum (Vorsicht – Schleichwerbung!) ihm das erste Mal begegnet sein – in der Abteilung „Phantastische Meerungeheuer“, wo seine schon damals etwas überholte Walbeschreibung prominent vertreten ist (s. auch das auf den Titel abgebildeten Fabelwal).
Streiche 1mal „das erste Mal“ und korrigiere auf „das auf dem Titel abgebildete Fabelwesen“ (oder den … Fabelwal). Bitte meine häufigen Fehler durch immer wieder gemixt vorkommende verschiedene Textvarianten zu entschuldigen…
Ach ja, kennt jemand Quellen, wie lange sich in Nordeuropa die „alten Regeln“ erhalten haben bzw. wann sich das moderne Schach aus Spanien/Italien durchgesetzt hat? Bei Olaus Magnus ist ja vermutlich noch das „alte“ gemeint, wenn er von langer Tradition spricht – die neuen Regeln gab es schließlich selbst in Südeuropa erst ein paar Jahrzehnte lang.
Leider nein. „Lärobok i Schack“ der Brüder Collijn hat nur einen kurzen Abriss zur Schachgeschichte im allgemeinen und in Schweden im besonderen. Dem lässt sich nur entnehmen, dass Olaus Magnus in der Tat die erste Mitteilung über Schach in Schweden ist. Die folgenden Jahrhunderte werden übersprungen. Der erste Versammlungsort für Schachspieler war Ende des 18. Jahrhunderts Maja Lisas Kaffehus am Riddarhustorget in Stockholm. Jedenfalls kein Hinweis darauf, dass die von Lucena beschriebenen neuen Regeln in Skandinavien verspätet Einzug gehalten hätten.
Hier noch ein Eindruck aus dem Buch selbst: