Mein Schachserver heißt freechess.org. Die Seite sieht grauenhaft aus. Ich bin nie auf der Seite. Das Spielen kostet nichts. Ich spiele mit einem interface. Es heißt winboard. Ein schöner Name. Seit dem 2. August 1999 bin ich online. Ich kann meine Statistik aufrufen. Bis zu diesem Moment war ich 20 Tage, 18 Stunden und 53 Minuten online. Das sind 1,3% meiner Lebenszeit seit dem ersten login. In der Zeit habe ich hier 4428 Blitzpartien gespielt. 2058 Siege, 1996 Niederlagen, 274 Remis. Es gibt nicht so viel Remis beim blitz. Das Wort blitz haben sich die Engländer aus dem Deutschen entlehnt. Es bedeutet schwerer Luftangriff. Die Russen haben Schlagbaum, Butterbrot und Rucksack übernommen. Die Amerikaner benutzen Schadenfreude.
Es gibt eine Wertzahl bei freechess. Sie ändert sich nach jedem Spiel. Mein blitz-highscore liegt bei 1937. Ich habe ihn am 6. Dezember 2003 erreicht. Davor lag ich vier Jahre lang bei 1925. Zwischendurch war ich knapp über 1600. Als ich wieder bei 1920 ankam, habe ich sechs Partien gegen Spieler mit 1400 gemacht und mit jedem Sieg einen Punkt dazubekommen. Meine Hände zitterten danach.
Ich spiele fast immer 3 0. Die erste Zahl ist die Bedenkzeit, die zweite das increasement, die Zeitgutschrift in Sekunden pro Zug. Das ist der Fischermodus. Spielen mit increasement führt dazu, dass man den Gegner bei schlechterer Stellung nicht über die Zeit heben kann. Das gefällt mir nicht. Im Nahschach blitzt man mit fünf Minuten Bedenkzeit. Im Internet gilt das praktisch als Kaffeehaus. Allerdings muss man hier keine Uhr drücken. Und es gibt premove. Bei premove zieht man, während der Gegner noch überlegt. Nach dessen Zug erwidert das Programm unmittelbar. Das Programm rechnet bei premove 0,1 Sekunden je Zug an. Das bedeutet, dass man mit zwei Sekunden auf der Uhr noch mit Dame und König gegen König mattsetzen kann, wenn man Glück hat. Vor dem Endspiel ist premove gefährlich. Wenn der andere bemerkt, dass man es benutzt, kann er spekulieren. Auf diese Weise habe ich schon einige Figuren eingebüßt.
Mit drei Minuten pro Partie schafft man es nicht, ein Programm mitlaufen zu lassen oder ins Buch zu schauen. Bei mehr Bedenkzeit geht das. Irgendwann beginnt standard, ich weiß nicht, ab wann genau. Mit so viel Bedenkzeit habe ich noch nicht gespielt. Wem blitz noch zu langatmig ist, der kann lightning spielen. Lightning ist alles unter 3 0. Da kann man nur noch ziehen. Lightning gefällt mir nicht so – nur 422 Partien bis jetzt. Manchmal spiele ich 0 1, aber nur, weil das das kürzestmögliche ist. Man startet mit 10 Sekunden auf der Uhr. Wild habe ich sieben Partien gespielt, keine Ahnung, was das ist. Vielleicht Räuberschach. Dann stehen noch zwei verlorene Partien crazyhouse in der Statistik. Ich glaube, das ist Tandemschach, also an zwei Brettern zugleich spielen. Die richtige englische Bezeichnung dafür ist bughouse – es gibt hier auch Weltmeisterschaften. Ich hatte mal eine email-Korrespondenz mit einem bughouse-Profi, der mir erklärt hat, dass 1. e4 e5 für Schwarz praktisch schon verloren ist (natürlich nur im Backhaus).
Es gibt auch Rüpel bei freechess. Sie beschimpfen dich, wenn sie verlieren, benutzen Hilfsmittel oder brechen die Partie ab. Man kann sie zensieren und auf die noplay-Liste setzen. Oder bei den admins anschwärzen. Admins sind die Polizisten auf dem server. Ich bin immer nett zu den admins. Wenn man 15 abgebrochene Partien hat, kann man nicht mehr spielen. Es gehört sich daher, abgebrochene Partien zu Ende zu spielen, sobald beide Spieler wieder auf dem server sind. Es gibt auch die Möglichkeiten, die Partien von einem admin abschätzen zu lassen. Ich weiß aber nicht genau, wie es geht. Es ist ziemlich kompliziert. Einmal habe ich alle abgebrochenen Partien aufgegeben, um wieder spielen zu können.
Ab und zu habe ich das Gefühl, dass ich nur Zeit und Geld verschwende. Zweimal habe ich mein interface gelöscht, um aufzuhören. Jedesmal habe ich hinterher das update downgeloadet.
Wer weiß schon, ob Blitzen gut für das Schach ist. Ich habe daran ernsthafte Zweifel. Ich bin alms.