Was eigentlich passiert ist:
1. Topalovs Manager, Silvio Danailov, beschwerte sich schon am 24.09.2006 darüber, dass die Ruheräume der Spieler nicht genügend geprüft würden.
2. Am 28.09.2006 beschwerte sich Danailov förmlich beim Organisationskomitee. Das Studium der Videoaufnahmen aus Kramniks Ruheraum habe ergeben, dass dieser bis zu 50 Mal das Bad während einer Partie aufsuche. Es werde darauf hingewiesen, dass das Badezimmer der einzige Raum ohne Videoüberwachung sei. Danilov forderte, das Ruheraum und Badezimmer gesperrt würden und beide Spieler nur die öffentliche Toilette in Begleitung eines Schiedsrichters aufsuchen dürfen sollten. Außerdem sollten die Videoaufnahmen veröffentlicht werden.
3. Das Appeals Comittee entschied daraufhin gleichfalls am 28.09.2006, dass beide Badezimmer geschlossen werden und die Spieler fortan eine gemeinsame Toilette benutzen sollten. Die übrigen Forderungen Danailovs wurden zurückgewiesen. Die Veröffentlichung der Videos verstoße gegen den Schutz der Privatsphäre der Spieler.
4. Danailov gab daraufhin am gleichen Tag eine Erklärung ab, dass Topalovs Team mit der Entscheidung nicht einverstanden sei, weil Kramnik weiterhin ohne Kontrolle im Badezimmer sei und die Toilette so oft wie er wolle aufsuchen könne. Kramnik verhalte sich verdächtig, wenn er seine Entscheidungen im Badezimmer treffe. Aus Respekt vor Millionen Schachfans, Kalmückien und der FIDE wolle Topalov gleichwohl weiterspielen. Er werde Kramnik aber nicht mehr die Hand geben und keine gemeinsame Pressekonferenz nach den Spielen abhalten.
5. Am 29.09.2006 protestierte Kramnik in einem offenen Brief an den FIDE-Präsidenten gegen die getroffene Entscheidung. Er verwies darauf, dass er die Entscheidung erst vor einigen Stunden erhalten habe und erst am Abend zuvor um 22 Uhr vom Protest Topalovs informiert worden sei. Kramnik zitierte aus seinem Vertrag, in dem beiden Spielern ein Ruheraum mit eigenem Badezimmer zugesichert worden sei. Er nutze das Badezimmer zum Auf-und-Ab-Gehen, weil der Ruheraum allein dafür zu klein sei. Auf Topalovs Wunsch hin seien bereits die vereinbarten Monitore aus dem Ruheraum entfernt worden. Die Partie werde nur noch auf Demonstrationsbrettern gezeigt. Ruheraum und Badezimmer würden bei Eintritt der Spieler von der lokalen Polizei kontrolliert. Jeweils ein Mitglied des anderen Teams habe das Recht dabeizusein. Man dürfe die Regeln nicht während des Wettkampfs ändern. Topalovs Team habe kein Recht, die Videoaufnahmen zu sehen. Die Mitglieder des Appeals Comittee seien befangen. Kramnik forderte deren Austausch. Solange die FIDE nicht das Recht auf Nutzung eines eigenen Ruheraums und eines eigenen Badezimmers respektiere, werde er nicht weiterspielen.
6. Am 29.09.2006 um 13.22 Uhr setzte der Hauptschiedsrichter Kramniks Uhr zur 5. Partie in Gang. Kramnik erschien nicht zur Partie. Die Partie wurde für ihn als verloren gewertet.
7. In einer anschließenden Pressekonferenz erklärte Kramnik, die Mitglieder der Schiedsgerichts Makropolous und Azmaiparashvili seien bekanntermaßen Freunde von Danailov. Die Weitergabe der Videobänder sei illegal gewesen. Er sei bereit, die 5. Partie morgen unter regulären Bedingungen auszutragen.
8. Der FIDE-Präsident Kirsan Ilyumzhinov bat Kramnik in einem offenen Brief vom 29.09.2006, das Match fortzusetzen. Er habe volles Vertrauen in die Mitglieder des Appeal Comittee und die getroffene Entscheidung.
2 Kommentare
Es ist Realsatire. Das erhoffte Vereinigungsmatch wird im Klo ‚runtergespült. Wahnwitzige Forderungen wie in Punkt 2 können dazu führen, daß unser Spiel und seine führenden Meister im Rest der Welt wieder mal als Lachnummer dastehen: Dürfen nicht alleine auf’s Topfi gehen?! Und welcher seriöse Schiedsrichter soll, oder möchte denn so eine ‚Aufsichtsfunktion‘ ausüben…? – So etwas bei einer Schachweltmeisterschaft zu fordern, bedeutet daß man den Schachsport in den Dreck zieht und der Lächerlichkeit preisgibt.
Als Hobbyspieler schwanke ich zwischen Verwunderung, Heiterkeit und Zorn.
Um mal einen antiquierten Begriff zu verwenden: Ich halte es für eine grobe Unsportlichkeit von Topalov, Kramnik Betrug vorzuwerfen. Topalov ist für mich deswegen diskreditiert. Einfach ein schlechter Verlierer.