Schöne Neue Anti-Doping-Welt

Zweieinhalb Wochen nach der Mitgliederversammlung haben wir zwar noch immer kein Protokoll der Sitzung (was das Präsidium aber nicht davon abhält, die geänderte Satzung, die mangels Eintragung im Vereinsregister noch gar nicht wirksam ist, § 71 BGB, zu veröffentlichen). Aber wir haben schon einen Rückblick des Präsidenten (pdf):

Gerade im Vorfeld des 2. Mai gab es verschiedene heiß geführte Diskussionen um die Dopingproblematik. Mit der erforderlichen 2/3 Mehrheit hat der Verband wichtige Weichenstellung in Richtung eines sauberen Sports gestellt. Ab sofort schließt sich der Landesschachverband M-V dem Anti-Doping Kampf der Sportbünde und des Deutschen Schachbundes an. Befürchtungen, dass Dopingkontrollen und Bestimmungen auch im Bereich der Landesligen möglich werden, sind klar widerlegt worden. Die vom DSB und LSV M-V gefassten Beschlüsse beziehen sich nur auf Deutsche Meisterschaften.

Hallo? Lebe ich auf einem anderen Planeten? Wollte das Präsidium des Landesschachverbandes nicht noch bis zum Abend des 1. Mai 2010 das Anti-Doping-Recht auf Landesebene einführen? Haben wir nicht lang und breit erörtert, dass es gerade keinen Rechtsakt des Deutschen Schachbundes gibt, der Dopingkontrollen auf Deutsche Meisterschaften beschränkt? Haben wir nicht gerade selbst gelesen, dass in dem Vertrag des Deutschen Schachbundes, aus dem sich eine solche Beschränkung ergeben soll, das Gegenteil steht? Gilt die Anti-Doping-Ordnung des Deutschen Schachbundes nicht für dessen sämtliche Wettkämpfe — also auch für die 2. Bundesliga und damit auch für zwei Mannschaften aus Mecklenburg-Vorpommern? Warum sollen die Mitglieder des Landesschachverbandes eigentlich für dumm verkauft werden?

35 Kommentare

Losso 20. Mai 2010

ME gibt es drei Möglichkeiten:
1. Das Präsidium weiß nicht, welche Rechtsfolgen es herbeiführen möchte.
2. Das Präsidium hat eine grobe Vorstellung, welche Rechtslage es schaffen möchte, verwendet hierzu aber die falschen Mittel.
3. Das Präsidium möchte die Tür für die Anwendung eines Dopinginstrumentariums öffnen.

Als gutmeinender Mensch gehe ich davon aus, dass die Wahrheit irgendwo zwischen 1 und 2 liegt.

MiBu 24. Mai 2010

@losso: Wie wäre es mit 4. „Das Präsidium will das letzte Wort behalten und sich als Sieger fühlen, egal wie sehr Fakten dabei ggfs. verdreht werden müssen!“?
@Stefan: Gibt es einen wesentlichen Unterschied zwischen „für dumm verkaufen“ und „Volksverdummung“? Wohl nicht, womit wir inzwischen bei der gleichen Einschätzung der gleichen Personen (oder zumindest einer davon) angelangt sind. WARUM hier so agiert wird, hat Richard schon vor der Abstimmung gefragt und nie eine Antwort bekommen, wenn ich nichts übersehen habe. M.E. am ehesten deshalb, weil es Leuten, die sich in einer Sache so exponiert haben, fast unmöglich ist, ihren Standpunkt zu revidieren. (Das meinte ich seinerzeit mit „Unbelehrbarkeit“.) Psychologisch verständlich, sachlich aber natürlich dennoch inakzeptabel.

Stefan 24. Mai 2010

@Losso: Leider, leider: Niklas muss nach der ganzen Diskussion natürlich genau wissen, dass es nicht stimmt, was er da schreibt.
@MiBu: „Volksverdummer“ hört sich so an, als ginge es nicht anders, deswegen mag ich den Begriff nicht (im Strafrecht nannte man das die „Lehre vom Tätertypen“). Ich kenne Niklas ein bisschen persönlich, er ist eigentlich ein netter Typ. Ich verstehe ihn auch nicht.

MiBu 24. Mai 2010

Interessant, ich hätte den bewussten Begriff nie mit Strafrecht in Verbindung gebracht. (Das kommt davon, wenn man sich wie ich eigentlich nur mit AVB, VVG und etwas BGB beschäftigt, wenn ich denn überhaupt in die Untiefen der Juristerei raus muss.) Ich verstehe darunter eher jemanden, der (eines bestimmten Zieles wegen, das er erreichen will) einen sagen wir mal flexiblen Umgang mit der Wahrheit pflegt und sich auch zu Aussagen wider besseren Wissens hinreißen lässt, wenn ihm diese als zweckdienlich erscheinen. (Wobei die hohe Schule natürlich nicht darin besteht, plump zu lügen, sondern eben bestimmte Teilaspekte überzubetonen, andere dagegen völlig zu vernachlässigen, Dinge bewusst zweideutig zu formulieren und hinterher als eindeutig zu verkaufen etc. etc.)

Wenn wir aber schon bei Anklängen ans Strafrecht sind: Vielleicht ist NR einfach nur ein „Ãœberzeugungstäter“, dessen hehres Ziel die eingesetzten Mittel wie etwa sprachliche Nebelkerzen (aus seiner Sicht) rechtfertigt? [Es versteht sich wohl, dass „Täter“ hier nicht im Sinne des StGB aufzufassen ist.]

CBartolomaeus 16. Juni 2010

Hallo Stefan, auch wenn die ganze Diskussion mittlerweile schon eine Weile her ist, will ich mich trotzdem noch herzlich bei dir bedanken. Auch wenn es am Ende nicht ganz zu einem vernünftigen Beschluss gereicht hat (IMO), so habe ich doch die Diskussion in deinem Blog als sehr nützlich und informativ empfunden. Du hast bestimmt deutlich mehr Hirnschmalz und Sachkenntnis in die Aufarbeitung und Bewertung der Präsidiumsvorschläge gesteckt, als das Präsidium selbst — und das merkt man den entsprechenden Beiträgen auch an. Wenn alle Teilnehmer der Mitgliederversammlung die hiesige Debatte zur Kenntnis genommen hätten, wäre die Abstimmung bestimmt anders ausgegangen.

P.S. Vielleicht lässt sich die Satzung ja auf einer der nächsten
Mitgliederversammlungen wieder von den Anti-Doping-Abschnitten befreien …

HL 17. Juni 2010

Au ja, das wäre was Feines, wenn auf der nächsten Mitgliederversammlung der ganze ADO-Quatsch wieder rausflöge. Dann waren bestimmt schon immer alle dagegen gewesen…

Paul Onasch 21. Juni 2010

Manchmal frage ich mich, was ich zu Menschen sagen soll, die anderen die Denk- und Reflexionsfähigkeit absprechen, weil sie eine andere Meinung vertreten. So habe ich auch lange überlegt, was ich darauf schreiben soll, als mir ein Schachfreund völlig erschrocken per E-Mail einen neuen Beitrag aus diesem Forum zuschickte. Ich habe überlegt zu schweigen, doch denke ich, dass ich es zumindest ihm schuldig bin, hier etwas zu schreiben.

Ich kann euch nur sagen, dass in den letzten Wochen einige Schachspielerinnen und Schachspieler auf mich zugekommen sind und mir sagten, dass sie erschrocken seien, welche Respektlosigkeit Teilen des Präsidiums vor und nach der Mitgliederversammlung entgegengebracht wurde – und das von Schachspielern, von denen man es nicht erwartet hatte.

Ich für meinen Teil kann hier nur noch einmal versichern, dass ich in den letzten zwei Jahren eine Menge „Gehirnschmalz“ in die Anti-Doping-Problematik gesteckt habe und das Präsidium sich in kontroversen Diskussion über den gleichen Zeitraum hinweg mit dem Thema auseinandergesetzt hat. Der Unterschied besteht allerdings darin, dass wir unseren „Gehirnschmalz“ von den Reflexionsebenen her AUCH über den Landes- und Oberligaspieler, der meint, irgendwann einmal „in einen Becher pullern“ zu müssen, hinaus anstrengen mussten.

Davon unabhängig sollte man aber auch in diesem Forum endlich einmal damit anfangen, jedem seine Meinung zuzugestehen und nicht allen Vereinen, die für die Anti-Doping-Bestimmungen gestimmt haben (immerhin waren dies nicht fünf nichtsahnende Vereinsvertreter, sondern zwei Drittel der Stimmen der Anwesenden!) ihre Meinungsbildungsfähigkeit absprechen!

Um hier meinen Standpunkt (der im Gegensatz zu dem von Stefan ethisch und nicht juristisch geprägt ist) noch einmal kurz aufzuzeigen, möchte ich euch eine Frage zur Leistungssteigerungsdiskussion stellen:

1. Jan Ullrich wurde 2002 wegen der Einnahme von Amphetaminen (nach eigenen Aussagen aus einer Disco) für sechs Monate gesperrt.
Glaubt ihr daran, dass Ullrich durch die Einnahme von Ecstasy den Mount Ventoux schneller hochgefahren sein könnte? Wohl kaum – aber warum wurde er denn dann gesperrt?

2. Erkämpfte sich Adrian Mutu bei Chelsea seinen Stammplatz, weil er Kokain zu sich genommen hat? Wohl kaum – aber warum wurde er denn dann gesperrt?

3. Spielt ein Schachspieler in der 1. Bundesliga, weil er Anabolika zu sich genommen hat? Wohl kaum – aber warum wird er denn dann gesperrt?
Warum nicht, erklärt ihr dann hoffentlich unseren u10- und u12-Spielern in der Schachjugend, die diesen Spieler zum Vorbild haben. Mal sehen, wie lange ihr dann noch der Meinung seid, dass zwischen dem SchachSPORT und Doping keine Korrelation bestehen kann.

Katchumo 21. Juni 2010

Ich würde ja vermuten, dass es eher Korrelationen zwischen Geld und Doping gibt, genauso wie zwischen narzisstischen Persönlichkeitszügen und Doping.

Losso 21. Juni 2010

Was passiert eigentlich, wenn sich herausstellte, dass die Mona Lisa unter Drogeneinfluss gemalt worden ist?
Da Vinci müsste dann ja nachträglich gesperrt werden. Außerdem würde es seine künstlerische Leistung relativieren.

Geht es überhaupt noch um leistungssteigernde Effekte?

Wenn ich das so lese, dann erweckt das bei mir den Eindruck, dass man hier für bestimmte Vergehen, die sowieso strafrechtlich relevant sind, nochmal eine weitere Bestrafung in Richtung Hobby- oder gar Berufsverbot erteilen möchte.
Für die Einnahme von Drogen kann ich also einen Schachspieler sperren. Wie sieht es aus mit Körperverletzung, Kreditkartenbetrug und Falschparken? Oder Raub und Totschlag?

Nach Deiner Argumentation könnte ein u10-Spieler also jemanden als Vorbild haben, der klaut, betrügt, sich unter Alkoholeinfluss ans Steuer setzt oder seine Kinder verprügelt. Das ist kein Problem!
Aber bei Doping (es reicht ja schon der Cannabiskonsum, oder?) hört der Spaß auf, das ist unsportlich (wer Ironie findet, kann sie behalten)!

Sorry, aber jede Argumentation, die die Dopingthematik von der Leistungssteigerung entkoppelt, steht meines Erachtens auf tönernen Füßen.

MiBu 21. Juni 2010

„Schon wieder Volksverd…“ – nee, das darf nicht sagen.
„Schaut Euch diese Demag…“ – geht auch nicht!
„Was soll der Quatsch mit Ullrich, Mutu und dem BL-Spieler auf Anabolika?“ Müsste okay sein. Also:
WAS SOLL DER QUATSCH?
Wenn Sie, Herr Onasch, Ihren ach so ethischen Standpunkt durchsetzen, dann lesen wir irgendwann eine Meldung analog zu dieser mit einem Schach“sportler“ als Täter. Ist das Ihr Ziel? (Sagen Sie jetzt bitte nicht „wohl kaum“.)

Losso 21. Juni 2010

@MiBu:
Laut der Logik von Paul ist der Mann (ich meine den Billardspieler) einfach kein Vorbild für die Jugend.

CBartolomaeus 21. Juni 2010

Hi Paul,

du bleibst ja etwas im Vagen, auf wen du dich mit deinem letzten Kommentar bezogen hast. Falls du meinen Beitrag gemeint haben solltest (diese Vermutung drängt sich wegen der zeitlichen Abfolge der Kommentare auf):

Ich spreche niemandem die Denk- und Reflexionsfähigkeit ab, weil er eine andere Meinung vertritt. Wenn du das aus meinem Beitrag herauslesen solltest, dann neige ich allerdings dazu, dir aus diesem Grund Probleme mit eben diesen Fähigkeiten zu unterstellen. (Wobei natürlich auch Probleme mit der Lesefähigkeit eine mögliche Erklärung wären.)

Was den Ausgang der Abstimmung angeht, habe ich mich in der Tat in die Behauptung verstiegen, dass die Kenntnisnahme der verschiedenen in diesem Blog vorgetragenen Sachargumente zu einem anderen Abstimmungsergebnis geführt hätte. Du kannst mich gerne widerlegen, indem du nachweist, dass alle Personen, die bei der Mitgliederversammlung abgestimmt haben, sich zuvor mit Stefans Argumentation ernsthaft auseinandergesetzt haben. Wenn du Interesse hast, erkläre ich dir auch gerne ausführlich, warum es ein logischer Fehlschluss ist, aus meiner Vermutung („Wenn alle Teilnehmer …“) abzuleiten, dass ich „allen Vereinen, die für die Anti-Doping-Bestimmungen gestimmt haben […] ihre Meinungsbildungsfähigkeit“ abspreche.

Was den Gehirnschmalz angeht, trifft mein quantitativer Vergleich möglicherweise wirklich nicht den Kern der Sache. Es ist aber m.E. so, dass Stefan sich sehr tief gehend mit der Anti-Doping-Problematik“ auseinander gesetzt und insbesondere die rechtlichen (Un-)Tiefen weit ausgelotet hat — wofür ich ihm dankbar bin. Diese Tiefgründigkeit habe ich auf Seiten des Präsidiums vermisst. (Und deine Jan-Ullrich-Beispiele gehen leider völlig an den kritischen Punkten vorbei. Es ist ja gut und schön, dass du Schwerpunkte im ethischen Bereich setzen willst. Ich finde aber nicht, dass eine solche Schwerpunktsetzung davon befreien kann, andere zentrale Aspekte der Diskussion zu berücksichtigen.)

Richard 21. Juni 2010

Jetzt geht das schon wieder los …

Ich glaube, ich will gar kein Schach mehr spielen …

KPK 21. Juni 2010

ich spiele im Moment auch lieber Fußball

Stefan 21. Juni 2010

Dann muss ich wohl auch noch mal ran. Obwohl es mir wie Richard geht: Diese ganze Diskussion (einschließlich mancher persönlicher Gespräche und einiger E-Mail-Wechsel) hat mir ziemlich den Spaß am Schach genommen. Tatsächlich stehe ich mit meinen Meinungen zum Schach absolut am Rande, die Leute, die hier kommentieren, bilden natürlich absolut keinen repräsentativen Querschnitt der Schachspieler ab, da muss man sich nichts vormachen.

Paul argumentiert „ethisch“ und genau das war auch mein Ausgangspunkt. Ich habe mich manchmal selbst gefragt, warum mich gerade diese Doping-Frage so ungemein aufregt. Meine Antwort: Es hat mich aufgeregt, dass von den Schachfunktionären, die eine Anti-Doping-Ordnung befürworteten, nicht die Wahrheit darüber gesagt wurde, was eigentlich verabschiedet werden sollte. Stattdessen Beschwichtigungen, Fehlinformationen und Nebelkerzen. Und es hat mich aufgeregt, dass — ich spitze mal zu — offenbar Geld ein genügendes Argument ist, um eine Ordnung zu verabschieden, die man selbst für sachlich ungerechtfertigt hält. Beides halte ich nicht für besonders „ethisch“. Und ich finde auch nicht, dass solche Verhaltensweisen als Vorbild für Kinder und Jugendliche dienen sollten, wenn Paul diese hier schon herbei bemüht. Derselbe übrigens, der offenbar nichts dabei findet, Kinder und Jugendliche unter Eingriff in ihre Persönlichkeitsrechte einer Anti-Doping-Ordnung auszusetzen — nur weil sie Schach spielen wollen und vielleicht so gut Schach spielen können, dass sie zu einer Deutschen Meisterschaft fahren.

Was jetzt Jan Ullrich und Adrian Mutu hier verloren haben, verstehe ich allerdings nicht. Es geht doch nicht um Fußball oder Radsport, sondern um Schach. Diese Sportarten sollen selbst entscheiden, wen sie wofür sperren wollen. Ich glaube nicht, dass so schiefe Vergleiche die Diskussion voranbringen werden.

Zuletzt noch zum Thema Meinungsbildung: So viele Schachfreunde haben sich auf der Mitgliederversammlung ja leider nicht geäußert. Detlef Meyer aus Feldberg (der Schachverein ist mittlerweile aufgelöst) meinte, die Diskussion lächerlich machen zu müssen und fragte, ob er gedopt habe, weil er bei einem Turnier ein alkoholfreies Bier getrunken habe. Aber letztlich stimmt es natürlich, dass man niemandem vorschreiben kann, sich mit einem Thema zu beschäftigen, bevor er abstimmt. Außerdem will ich das den Vereinsvertretern auch gar nicht absprechen, die für die Satzungsänderung gestimmt haben.

PS: Die Leute vom NDR meinten anschließend übrigens, das Ganze habe auch eine gewisse humoristische Komponente.

[PPS: Bitte nicht Forum, sondern Blog.]

Paul Onasch 21. Juni 2010

Richard, ich hoffe, du meldest dich und vor allem deinen Sohn jetzt nicht auch vom Schach ab – dies ist im Ãœbrigen aufrichtig gemeint!

Was die juristische Auseinandersetzung Stefans mit der Anti-Doping-Angelegenheit betrifft, bin ich ihm dafür auch dankbar, was ich Stefan bereits persönlich gesagt habe und auch in diesen Blog bereits gechrieben hatte. Natürlich war sein Brief der Anlass, der unsere erneuten Nachfragen beim LSB, dem DSB und der NADA veranlasst hat. Gleichzeitig sollte man bei der ganze Sache aber nicht vernachlässigen, dass im Präsidium kein einziger Jurist sitzt. Das war sicher suboptimal, doch wir haben nachträglich darauf reagiert, indem wir einen Rechtsberater installiert haben. Gleichzeitig zeugt dies aber nicht davon, dass wir uns nicht mit der Sache auseinandergesetzt hätten, was meiner Meinung nach allein schon die Tatsache zeigt, dass wir auf die Kritik sowohl hier als auch in Gesprächen mit dem DSB, LSB und der NADA reagierten.
Insofern sollte man uns vielleicht nicht unsere mangelnde Auseinandersetzung mit dem Thema vorwerfen, sondern vielmehr einsehen, dass wir uns in den juristischen Fragen auf die Kompetenz des DSB verlassen hatten.

Was die Meinungsäußerungen in diesem Blog betrifft, sind diese keineswegs repräsentativ, Christian. Vielleicht hast du auch einmal durchgezählt, wie viele Teilnehmer, die gegen die Anti-Doping-Bestimmungen argumentiert haben, vom Greifswalder SV kommen. Wo waren die Beitrage vom SSC Rostock, der SG Eintracht Neubrandenburg, dem SAV Torgelow, ASV Grün-Weiß Wismar, dem SF Schwerin und dem SC Neukloster, um nur einige Vereinen aus unserem Bundesland zu nennen? Heißt dies aber im Umkehrschluss, dass alle diese von dieser Diskussion nichts mitbekommen haben? Trotz der Eigenwerbung von Stefan in seinem offenen Brief? Nein, ich kenne diverse Schachfreunde, die hier mitgelesen, nichts dazu geschrieben haben und trotzdem nicht eurer Meinung waren. Bei vielen galt/gilt dieser Blog vielmehr als nahezu reines Greifswaldforum! Der Blog galt allein schon nicht als Medium, um sich kontrovers mit der Sache an sich auseinanderzusetzen, weil der Kommunikationsmodus keiner sachlichen Diskussion entsprach, sondern einem Forum, in dem bis heute Beleidigungen und mangelnder Respekt von einigen Teilnehmern auf der Tagesordnung stehen. Jeder für sich kann ja einmal überdenken, ob er dieselbe Wortwahl auch in der face-to-face-Kommunikation gebrauchen würde.

Was die beiden von mir aufgeworfenen Fälle betrifft, sind sie natürlich kontrovers zu betrachten, aber ja, Sven, auch um diesen Aspekt geht’s in der Anti-Doping-Diskussion. Die WADA definiert unter Doping eindeutig auch Substanzen, die mit dem Sport an sich nicht vereinbar sind. Und es geht dabei um eine Art Berufsverbot, vielleicht vergleichbar mit dem öffentlichen Dienst. Es gibt ja auch durchaus Juristen, die davon ein Lied singen können.
Ãœber die Sache an sich kann man natürlich streiten, denn natürlich ist auch ein Mörder kein Vorbild. Die Frage stellt sich aber vielmehr, inwiefern die Einnahme einer Ecstasypille einen Sportler in der juristischen Konsequenz an der professionellen Ausübung seines Sports hindert – beim Mord ist dies signifikant durch eine Haftstrafe unterbunden.
Natürlich ist von dieser Unvereinbarkeit mit dem Sport auch der Cannabisgebrauch betroffen, denn auch Cannabis gehört zum Drogenkonsum oder nicht? Und als Profisportler sollte ich mir überlegen, ob mir mein Joint wichtiger ist als meine Profikarriere. Als Bundeswehrsoldat kann ich mich ja auch nicht darüber aufregen, dass ich Probleme bekomme, weil ich mich auf einer Demonstration so verhalte, dass es den Staatsbehörden missfällt. Wer das eine will, muss das andere mögen!
Was den Billardspieler betrifft, kann dieser natürlich weiterhin ein Vorbild sein, aber auch er kann sich doch nicht aufregen, wenn er gegen Regeln verstößt, deren Einhaltung er vorher individualvertraglich zugesichert hat oder doch?
Es ist natürlich unglücklich, aber zum einen müssen wir uns fragen, woher die Notwendigkeit von solchen Regelungen kommt (wohl eher nicht aus einer Laune von Funktionären heraus, sondern aus einem jahrelangen Missbrauch von Toleranz) und zum zweiten ist es doch eine persönliche Frage, ob man gegen das System ist, weil es auch unglücklich Entscheidungen gibt, oder eben nicht. Ich wäre auf jeden Fall nicht dafür, dass man im Fußball die Schiedsrichter abschafft, weil es immer wieder Fehlentscheidungen gibt, die mindestens genauso in den Sport eingreifen.
Man kann natürlich auch gegen die Durchführung von Dopingkontrollen sein, muss sich dann aber eben auch nicht über den Missbrauch wundern. Ein Teilnehmer der Mitgliederversammlung, der nicht aus dem Präsidium kommt, hat dies klar auf den Punkt gebracht: „Ich möchte nicht, dass mein Gegner durch Betrug die Schachpartie gegen mich gewinnt!“

Es geht hier auch um die ethiche Frage der Fairness, nicht nur um den Aspekt der Leistungssteigerung, und man kann sich dafür oder dagegen aussprechen, wie man für eine Sperre eines Seniors sein kann, der kürzlich mit einem PoketFritz erwischt wurde oder eben nicht. Ob aber die eine oder die andere Meinung Anlass zu Herablassungen, Beleidigungen, Respektlosigkeiten oder Despektierlichkeiten bietet, möchte ich hier einmal stark in Frage stellen.

Stefan 21. Juni 2010

Nur nochmal kurz:
Der SSC Rostock und der SC Neukloster haben mit uns gegen die Satzungsänderungen gestimmt und wenn Uni Rostock nicht durch Krankheit verhindert gewesen wäre, hätte es bei der zweiten Abstimmung keine Zweidrittelmehrheit gegeben. Außerdem sollte vielleicht nicht ganz in Vergessenheit geraten, dass das Präsidium seinen ursprünglichen Entwurf mit einem Anti-Doping-Regelungswerk für jedes Bezirksligaspiel und jeden U12-Wettkampf im Lande zurückgezogen hat. Ganz ohne Erfolg ist der Offene Brief dann doch nicht gewesen…

Ansonsten:
Ich teile deinen Ausgangspunkt nicht und deshalb werden wir auch keine Einigkeit erzielen. „Wer das eine will, muss das andere mögen!“ — den Spruch kenne ich noch aus einem anderen System. Da läuft es mir kalt den Rücken runter. Natürlich hat auch der Bundeswehrsoldat das Recht auf Demonstration! Und natürlich muss es Regeln geben, im Fußball und im Schach. Das bestreitet doch niemand. Aber es müssen vernünftige Regeln sein. Regeln, die an der Sache orientiert sind.

Zuletzt:
Ja, ich musste mir auch schon anhören, dass ich wohl etwas zu verbergen hätte, wenn ich gegen die Dopingordnung bin. Wie soll es auch sonst zu unterschiedlichen Spielstärken im Schach kommen? Wenn wir durch diese Gespensterdebatte zu einem Klima der Verdächtigung kommen, dann macht es mir keinen Spaß mehr.

PS: Paul, dein „vor allem“ hättest du dir gern sparen können.

Paul Onasch 21. Juni 2010

Stefan, was soll ich unseren DEM-Teilnehmern als Vorbild denn sonst raten – mit dem Schach aufzuhören? Gott bewahre!
Ich glaube, dass ich es hier nicht erst einmal erklärt habe, warum ich mich für die Dopingdiskussion ausgesprochen habe und auch für eine ADO war, die sich im Nachhinein als überflüssig herausstellte. In der Sache an sich war und bin ich immer noch für ein Postulat von Fairness und einen dopingfreien Sport.
Das es zudem auch um das liebe Geld geht, ist durchaus richtig, aber uns daraus einen Vorwurf zu machen, kann ich nicht ganz nachvollziehen. Immerhin fülle ich für dieselben Kinder und Jugendlichen jedes Jahr seitenweise Anträge aus, um an Geld zu kommen. Ist das moralisch auch falsch? Du tust so, als wenn ich im Endeffekt entscheide, ob ein Spieler oder eine Spielerin getestet wird. Diese Kompetenz steht aber nicht in meiner Macht, denn die Teilnehmerinnen und Teilnehmer sowie deren Eltern unterschreiben den Individualvertrag mit der NADA selbst, nicht ich! Zudem solltest du beachten, dass ich an der Entscheidung der DSJ, Dopingkontrolle auf ihrer DEM durchzuführen, nicht beteiligt war. Wäre es dir lieber, wenn wir als Schachjugend die DEM boykottieren?

Weiterhin kann ich deine Abbügelung von Vergleichen nur kritisieren, denn was ist daran schief? Es geht hier um Sport und ich sage es noch einmal, dass wir auch gegen deine Befürwortung noch immer Mitglied der Sportgemeinschaft sind. Von daher sehe ich die Schiefe des Vergleiches mit anderen Sportarten nicht. Bei der Null-Toleranz-Diskussion ist sich keiner zu schade, andere Sportarten heranzuziehen (warum auch nicht), aber auf einmal beim Thema Doping? Warum? Weil es dazu führen könnte, dass man über seine Dopingauffassung einmal nachdenken muss?
Es ist doch nicht zu leugnen, dass die Bestrebungen von Dopingkontrollen im Schach mit Dopingfällen in anderen Sportarten zu tun haben und nicht von Test im Schachsport herrühren.
Da es zudem in beiden Fällen nicht um die Sportarten an sich geht, sondern um das Thema Ethik im Sport, empfinde ich persönlich die Reaktion als sehr unpassend.

KPK 21. Juni 2010

zulässig sind verständlicherweise nur Vergleiche mit Billiard…

Paul Onasch 22. Juni 2010

Stefan, was die vor-allem-Formulierung betrifft, hast du recht und es war nicht so gemeint, wie es herüberkommt, sondern eher mit dem besonderen Fokus der Schachjugend geschrieben – sorry.

Ich kenne den Spruch „wer das eine will, muss das andere mögen“ nicht aus einem anderen System, aber vielleicht kannst du mich ja aufklären. Ich denke aber, dass der Ausspruch heute immer noch allgemein gebräuchlich ist. Immerhin führt er bei google nicht gleich dazu, dass wie bei „gleichschaltung“ automatisch „gleichschaltung hitler“ eingeblendet wird, sondern u. a. Verlinkungen zur Ostsee-Zeitung, der Uni Rostock (ist es ein Meck-Pomm-Spruch?) und der SPD bietet.

Was den unterschiedlichen Standpunkt betrifft, gehe ich davon auch aus, dass wir uns in dieser Frage nicht mehr einigen werden, was ich aber nicht als dramatisch ansehe.

Darum ging es mir hier auch nicht, sondern noch einmal um
1. die Art und Weise der Kommunikation und
2. die Nichtakzeptanz von Entscheidungen, wie: „Au ja, das wäre was Feines, wenn auf der nächsten Mitgliederversammlung der ganze ADO-Quatsch wieder rausflöge.“ Uni Rostock hin oder her – es hätte, hätte, hätte wohl auch noch Vereine geben können, die dafür gestimmt hätten, wenn sie anwesend gewesen wären.
Vielleicht wäre es einmal angebracht, demokratisch gefällte Entscheidungen zumindest zu tolerieren!

Paul Onasch 22. Juni 2010

Entschuldige Klaus, dass ich gegen diese Grundregel verstoßen habe :-D.

Katchumo 22. Juni 2010

„was soll ich unseren DEM-Teilnehmern als Vorbild denn sonst raten – mit dem Schach aufzuhören? Gott bewahre!“
@Paul: vielleicht sollte man den Leuten einfach mal wieder den Spaß am Schach an sich vermitteln und von diesen Ergebnisfixierungen wegkommen. Ein ständiges Rumreiten auf Ergebnissen und Wertzahlen führt doch nur noch zu einer Sinnentleerung im Schach. Das Spiel wird damit nur noch ein Mittel zum Zweck um sich Erfolgserlebnisse zu verschaffen. Ich habe unglaublich selten einen in sich ruhenden Spieler nach einer guten, aber verlorenen Partie erlebt, obwohl ich das Spielen einer guten Partie als einen der befriedigsten Zustände beim Schach empfinde. Diese ständige Rumreiterei auf der Aussage „Schach ist Sport“ treibt mir regelrecht die Galle hoch, weil sie so viele andere, schöne Aspekte des Schachs übertüncht werden, dass mir um die Zukunft des Spiels Angst und Bange wird.
Zu meinem ersten Satz: ich weiß, dass du unglaublich viel für die Schachkiddies mit Herzblut machst, Paul, und dass du bestimmt nicht nur starke Schachspieler hervorbringen willst, sondern den Kindern ein Hobby an die Hand geben möchtest, mit dem sie ihr weiteres Leben lang Freude haben können, auch ohne mal das Treppchen einer Meisterschaft bestiegen zu haben, aber warum stellt man dann nicht einfach Qualitäten des Schachs hervor, wie die Möglichkeit zur Kreativität oder in Kooperation mit jemand anderem (ähnlich dem Tanzen) etwas Schönes zu Schaffen? Warum geht es immer nur um Ergebnisse und den Kardinalverdacht, jeder Spieler könnte bestrebt sein, diese Ergebnisse mit irgendwelchen Mitteln (von „unlauteren Mitteln“ will ich hier nicht schreiben, da über entwaige Wirksamkeit von irgendwas noch nichts bekannt ist) zu seine Gunsten beeinflussen?

Richard 22. Juni 2010

Allen „vor-allems“ zum Trotz will ich auch noch mal was Inhaltliches rüberbringen:

Wenn wir beim Schach eine Trennung zwischen Leistungsschach und Breitenschach hätten, dann wäre dieses ganze Dopinggedöns nicht halb so hochgespielt worden und hätte unseren „Schachbrunnen“ nicht so vergiftet, wie es leider geschehen ist und in diesem Blog nachgelesen werden kann…

Gute Nacht, Freunde

Paul Onasch 22. Juni 2010

Karsten, ich kann deinem Anliegen, Spaß am Schach zu vermitteln, nur unterstützen und ich denke, dass ich einer der Verfechter in unserem Bundesland bin, der den Spaß sowohl im Breiten- als auch im Leistungsschach ganz groß schreibt.

Aber damit habe ich auch schon genau den einen Punkt angesprochen, denn wir müssen doch differenzieren zwischen den Kindern, die einfach nur Schach spielen wollen und für die wir Schach als eine kulturelle und geistige Bereicherung ansehen. Diese Kinder und Jugendlichen unterstützen wir im Schulschach, indem wir ihnen Spielmöglichkeiten bieten. Gleichzeitig organisieren wir jährlich ein Ferienlager, bei dem so gut wie kein Schach gespielt wird, nehmen an „Spaßveranstaltungen“ wie dem Sportjugendländertreffen, dem dsj-Jugendvent und den Jugendsportspielen teil. Du warst in den letzten Jahren leider nicht bei der LEM, denn dort gibt es neben einem auf Spaß ausgestalteten freien Nachmittag weitere Sport- und Spielangebote.

Gleichzeitig gibt es aber Kinder, die jeden Tag in der Woche mehrere Stunden trainieren und dies auch wollen. Von zwei Spielern unserer Landesauswahl habe ich erst kürzlich wieder gehört, dass sie mindestens FM und der andere GM werden möchten – und sie tun täglich etwas für dieses Ziel! Und natürlich schauen sie dann auf Leistungen und Zahlen, sind nicht erfreut, wenn sie bei der DEM eine vorteilhafte Stellung, die zu einem Podiumsplatz geführt hätte, einzügig wegschmeißen. Dann gibt es keine Freude über eine gut gespielte Partie, sondern Niedergeschlagenheit. Das ist Leistungsschach und auch das gibt es, selbst in unserem Bundesland!
Mehrere „Gegner“ einer Anti-Doping-Diskussion haben gesagt, dass es sie nicht stören würde, wenn ihr Gegner dopen würde. Ich würde meinen Gegner auch nur bedauern. ABER: Die Realität bei der DEM der Jugend ist eine andere! Schon in der u10 und u12 laufen Eltern dem gegnerischen Spieler auf die Toilette hinterher, um diesen zu kontrollieren. Es gibt Anschuldigungen noch und nöcher. Und es geht nicht mehr nur um Spaß am Spiel, sondern um Geld – Fördermittel, Stipendien -, um die Möglichkeit, ein Schachprofi zu werden und in die deutsche oder internationale Spitze zu gelangen.
Das ist die andere Seite, die in M-V niemand wahrhaben will. Die Ansätze davon gibt es aber auch in unserem Bundesland, bei Spielern und Trainern, aber auch das wollt ihr nicht wahrhaben.

Was die Dopingkontrollen betrifft, sind diese kein Ausdruck von einem Kardinalverdacht, keineswegs. Es ist vielmehr eine Solidarisierung mit dem Sport an sich, denn wie wollen wir denn anderen Sportarten erklären, dass wir auch ein solcher sind, wenn wir uns noch nicht einmal der inzwischen leider zur Realität gewordenen Grundbedingung des Sports verschreiben, nämlich dem Nachweis der Fairness durch Dopingkontrollen?

Katchumo 22. Juni 2010

@Paul: Carsten bitte in der richtigen Schreibweise ;)
„Es ist vielmehr eine Solidarisierung mit dem Sport an sich, denn wie wollen wir denn anderen Sportarten erklären, dass wir auch ein solcher sind, wenn wir uns noch nicht einmal der inzwischen leider zur Realität gewordenen Grundbedingung des Sports verschreiben, nämlich dem Nachweis der Fairness durch Dopingkontrollen?“
Ich bin nicht weiter bereit, mich von anderen als „Schachsportler“ bezeichnen zu lassen. Nur weil man Schach wettkampfmäßig betreiben kann, heißt das für mich noch lange nicht, dass es ein Sport ist. Das war neben dem in meinen Augen widersinnigen Dopingkampf einer der Hauptgründe des LSV MV zu verlassen. Das beständige Referenzieren auf „Sport“ stellt meiner Ansicht nach eine negativ zu bewertende Reduktion dar, die ich nicht zu tragen bereit bin (weitere Facetten des Schachspiels sind in meinem vorherigen Posting erwähnt).
Vielen Dank aber, dass du mit deinem „leider“ die Zweifelhaftigkeit des eingeschlagenen Weges des Antidopingkampfes ein weiteres Mal unterstreichst.

CBartolomaeus 22. Juni 2010

Nur drei Anmerkungen:

1. @Paul: Zum Thema Meinungsbildung: Wenn in einer Diskussion Argumente vorgebracht werden, dann ist es mir ziemlich egal, von wem sie vorgebracht werden. Was mich interessiert, ist die Substanz der Argumente. Der Hinweis, ich solle doch bitte mal zählen, wieviele der Anti-Doping-Argumente von GSV-Mitgliedern kommen, geht insofern ins Leere.

2. @Paul: Du bemängelst, dass Entscheidungen nicht akzeptiert werden. Leider postulierst du einfach nur, dass dem so sei, ohne zu zeigen, wo und von wem Entscheidungen nicht akzeptiert werden. Oder willst du zum Ausdruck bringen, dass nach den Abstimmungen auf der Mitgliederversammlung eine weitere Diskussion unzulässig ist? Es ist doch bei demokratischen Verfahren völlig normal, dass diejenigen, die sich mit ihren Argumenten, ihren Vorschlägen oder ihren Kandidaten nicht durchsetzen konnten, nicht allein deshalb eine 180-Grad-Wende vollführen. (Das wäre auch schlimm!)

3. @Stefan, @Carsten: Vor einigen Jahren hätte ich vehement dafür argumentiert, Schach als Sport einzuordnen. Mittlerweile neige ich dazu, diese meine frühere Meinung zu ändern. (Auch wenn ich noch nicht ganz sicher bin.) Die Diskussion zum Thema Doping hat ihren Teil dazu beigetragen …

Paul Onasch 22. Juni 2010

@ Carsten (entschuldige, jetzt auch richtig geschrieben – es war gestern schon spät): Natürlich ist es ein „leider“, dass die Unfairness dazu führt, dass in allen Sportarten zur Durchführung von Dopingkontrollen führt.
Und natürlich umfasst Schach mehr als nur der Sportaspekt, aber es ist eben AUCH ein Sport mit Wettkämpfen usw. Gleiches trifft auch auf deinen Vergleich mit dem Tanzen zu, was man schon im Verbandsnamen lesen kann, der dieser heißt Deutscher TanzSPORTverband. Es werden in ihm Dopingkontrollen durchgeführt und sie hatten laut der SZ bereits 2006 ihren ersten Dopingfall.

Ansonsten kann ich es nur noch einmal sagen, dass ich es schade finde, dass du aus dem GSV ausgetreten bist. Nur frage ich mich, was du dir anders gewünschst hättest (einmal abgesehen von der Dopingdiskussion).

@ Christian: Bei der Äußerung von Meinungen geht es mir auch nicht darum, ob es Greifswalder sind, aber es wird eben deutlich, dass dieser Blog kein Querschnitt der Meinung in M-V ist, das war meine Aussage. Es lässt also überhaupt nicht auf das Abstimmungsergebnis in Güstrow nur einen Schluss zu.

Was die Akzeptanz betrifft, habe ich im oberen Teil von Akzeptanz gesprochen, das ist ein Ausdrucksfehler, ja. Im letzten Satz steht aber explizit nicht akzeptieren, sondern „tolerieren“, was auch der Kern dessen ist, was ich ausdrücken wollte. Ich erwarte von niemandem, dass er seine Meinung ändert oder die Argumente der Gegenseite übernimmt. Es geht in meiner Bemängelung nicht um den Inhalt, sondern rein um die demokratische Entscheidung, die gefällt wurde. Auf das Nichtnennen von Beispielen brauche ich wohl nicht eingehen, wenn ich in dem Beitrag explizit ein Zitat genannt habe, oder? Toleranz heißt für mich, dass man in diesem Blog nicht vier Wochen später schreibt, dass eine Entscheidung, die von zwei Dritteln gefällt wurde, nicht als Quatsch bezeichnet, der hoffentlich schnell wieder abgeschafft werden kann.

Richard, deine Aussage kann ich absolut teilen – das ist eines der Hauptprobleme!

Katchumo 22. Juni 2010

@Paul: Die Analogie zum Tanzen habe ich ganz anders gemeint, da hätte ich wohl für die Verständlichkeit ausführlicher werden müssen, um die Primingeffekte im Textverständnis auffangen zu können. Mein gedanklicher Kontext war nicht der des Sportes, so wie du ihn interpretiert hast.
Bei einem Paartanz ist man schlicht und ergreifend darauf angewiesen, dass man das mit jemand gemeinsam tun kann. Und damit es beiden Spaß macht, sollten beide versuchen es richtig zu machen und idealerweise auch noch eine gewissen Ahnung davon haben, was sie tun. Dann wird es ein schöner Tanz.
Für eine gute Schachpartie ist man ebenso auf eine andere Person angewiesen. Beide sollten anstrengungsbereit sein und sich im Rahmen ihrer Möglichkeiten auf Augenhöhe bewegen. So kann eine Partie entstehen, an der beide Freude haben.
Ich spreche also vom Inhalt der Tätigkeit an sich. Diese sollte in meinen Augen den Ausschlag dafür geben, sich mit etwas zu beschäftigen – man spricht dann von intrinsischer Motivation. Mit Wettkampf hat das nichts zu tun.
Ich hoffe, es ist etwas klarer geworden, welchen Aspekt des Schachspiels in mit dem Vergleich zum Tanzen betonen wollte.
Im übrigen finde ich es auch schade, aus dem GSV ausgetreten zu sein, denn ich fühle mich diesem Verein sehr verbunden. Am liebsten wäre es mir gewesen, meinen Mitgliedsstatus im GSV überhaupt nicht zu verändern, sondern einfach nur aus dem LSV auszutreten, da ich meine Interessen durch diesen derzeit nicht adäquat vertreten sehe. Gewünscht hätte ich mir, jegliche ADO-Passagen, -floskeln und -ergänzungen in allen Dokumenten die das Spielgeschehen auf Landesebene betreffen wegzulassen und dem DSB zu signalisieren, dass seine weitestgehend unbegründeten Forderungen ein Irrweg sind.

CBartolomaeus 22. Juni 2010

@Paul: Ich fände es wirklich hilfreich, wenn du keine vage Vorwürfe hier posten würdest, sondern stattdessen konkret sagen würdest, was dich stört. Ich weiß leider weiterhin nicht, wem du vorwirfst (und mit welchen Gründen), demokratisch gefällte Entscheidungen nicht zu tolerieren? Ich habe schon gelesen, dass du HL zitierst — aber kritisierst du dann nur ihn? Oder (auch?) mich? Oder (auch?) Stefan? Oder alle die den Anti-Doping-Bestrebungen weiterhin kritisch gegenüberstehen? Genauso wenig ist mir klar geworden, wem du vorwirfst (und aus welchen Gründen), „anderen die Denk- und Reflexionsfähigkeit [abzusprechen], weil sie eine andere Meinung vertreten“. Meintest du nun mich oder nicht? Meintest du Stefan? Und wessen Art und Weise der Kommunikation macht dir zu schaffen? Bin ich gemeint?

Leider kann ich auch deiner Argumentation bezüglich der Meinungsbildung und des Abstimmungsergebnisses nicht ganz folgen. Wenn du nur beweisen wolltest, dass die Äußerungen hier im Blog nicht das Meinungsbild in McPom repräsentieren, dann hättest du dir die Mühe auch schenken können. Natürlich ist das nicht repräsentativ. Ich wage nur weiterhin zu behaupten, dass sich nicht alle Leute, die für die Anti-Doping-Anträge gestimmt haben, tief gehend mit der hiesigen Debatte (und insbesondere Stefans Beiträgen dazu) beschäftigt haben und dass die Abstimmung anders ausgegangen wäre, wenn alle das getan hätten. Den Vorwurf, ich würden den Leuten die Fähigkeit zur Meinungsbildung absprechen, lasse ich mir daraus frühestens dann machen, wenn jemand nachweist, dass der erste Teil meiner Behauptung nicht zutrifft. Aber wie auch immer. Vermutlich ist es für alle Beteiligten am angenehmsten, wenn wir die Diskussion sein lassen. Es gibt in der Tat sinnvollere Dinge …

P.S. Ich finde es übrigens bemerkenswert, dass niemand der Anti-Doping-Befürworter auf die von Stefan ganz oben aufgeworfenen Fragen reagiert hat. Solange von der Befürworter-Seite (in diesem Fall von Niklas) derart kommuniziert wird, solange darf man sich m.E. überhaupt nicht über bissige Bemerkungen wundern.

Paul Onasch 22. Juni 2010

Christian, ich denke, dass sich hier jeder selbst hinterfragen kann, ob er gemeint sein könnte oder nicht. Jeder weiß, was er hier geschrieben hat und kann dies ansonsten noch einmal nachlesen. Ich denke, dass die „Vagheit“, die ich an einem Fall konkretisiert habe, dazu ausreicht.

Was die Fragen von Stefan betrifft, habe ich vor ein paar Wochen schon einmal was zum Beitrag von Niklas und auch zum Protokoll geschrieben. Alle weiteren polemisch gestellten Fragen – die Polemik kann ich im Ãœbrigen nachvollziehen – brauche ich meiner Meinung nach nicht beantworten, weil dies vorher schon geschehen ist oder präsidiumsinterne Dinge betrifft.

Was deine Tanzintention betrifft, Carsten, hatte ich diese schon verstanden, nur wollte ich dir gleichzeitig aufzeigen, dass zur intrinsischen Motivation ab einem gewissen „Niveau“ die extrinsische Motivation hinzukommt. Damit wird dann auch das Schach zum Sport. Wir kennen auch aus dem Fußball ein schönes Spiel, wenn beide Mannschaften gut spielen und die Begegnung bspw. 5:5 ausgeht. Aber bereits ab der untersten Liga ist es doch auch ein Sport, im Fußball, Schach und auch Tanzen – es geht um Punkte/Wertungspunkte, Brettpunkte/Tore.
Da es der Landesschachverband ist, der vordergründig diesen Wettkampfbetrieb organisiert, verstehe ich deinen Vorwurf nicht, dass er Schach als Sport auffasst und etwas für diesen Status tut (dabei geht es mir jetzt nicht explizit um die AD-Bestimmungen, sondern um deinen Vorwurf der Fokussierung des Schachs als Sport im LSV).

Aber ich finde es auch absolut legitim, dass du und auch einige andere hier im Blog eine andere Auffassung haben und vielleicht sollten wir es tatsächlich dabei belassen und können die Diskussion eventuell noch einmal persönlich fortführen.

Richard 22. Juni 2010

Das Beispiel vom Tanzen zeigt doch mal wieder den Irrsinn der Bestimmungen:

„Die bei Segatori nachgewiesene Substanz war in einem Haarwuchsmittel enthalten und gehört zu den sogenannten maskierenden Mitteln; diese wirken selbst nicht leistungssteigernd, können aber Dopingmittel verschleiern.“

Das heißt, der Tänzer hat „Doping für die Haare“ gemacht (aktuell auch ein Werbespruch eines Haarmittels) und wird daraufhin gesperrt. Das man so einen völligen Unfug auch noch als positives Beispiel zitieren kann, ist mir so was von unverständlich, daß ich gar keine Worte dafür finde…

Daher –>

Ãœber allen Gipfeln
Ist Ruh,
In allen Wipfeln
Spürest du
Kaum einen Hauch;
Die Vögelein schweigen im Walde.
Warte nur, balde
Ruhest du auch.

Johann Wolfgang von Goethe

Paul Onasch 22. Juni 2010

Richard, bei allem Respekt, aber es ging nicht um ein positives Beispiel, sondern um die Tatsache, dass Tanzen ein Sport ist und auch in ihm Dopingkontrollen durchgeführt werden.

Losso 22. Juni 2010

Es war mir ja schon klar, Paul, dass Du den Mörder herausnimmst. Es gibt aber auch widerwärtige Straftaten, die nicht mit Gefängnisstrafen belegt werden. Und die finde ich definitiv schlimmer als den Gebrauch von Haarwuchsmitteln oder die Tatsache, dass einer, der sich dem Code unterworfen hat, versehentlich vergisst, ein Medikament anzumelden. Wie gesagt, die „fairer Sportsmann und Vorbild-Argumentation“ steht auf tönernen Füßen, wenn man sie von der Leistungssteigerung entkoppelt.

Überlassen wir es doch der Justiz, Menschen für Ihre „allgemeinen“ Verfehlungen zu bestrafen. Wir sollten uns darauf beschränken, „spezielle“ Verfehlungen zu bestrafen, nämlich solche, die mit dem Schach direkt zu tun haben wie das Reinreden in Partien, die Nutzung technischer Hilfsmittel und Literatur und natürlich auch einer illegalen leistungssteigernden Substanz, so sie denn erfunden wird.

Wir sollten uns nicht als Sittenwächter aufspielen und wenn wir das täten, fehlt mir jegliche Erklärung, warum jetzt gerade die Einnahme dieser Mittel oder beispielsweise Drogenkonsum mit Sperre geahndet wird, aber andere Vergehen wie Betrugsdelikte (hat mE viel mehr mit Fair-Play zu tun als der Konsum verbotener Substanzen im Schach) nicht zu einer Sperre führen. Das ist komplett unglaubwürdig.

Hier hat sich etwas verselbständigt, das irgendwann einmal aus einem sinnvollen Verbot illegaler leistungssteigernder Substanzen entstand. Und es führt zu solch absurden Stilblüten, wie sie hier geschildert werden.

Aber es gibt auch den entgegengesetzten Fall:
Philipp Petzschner gehört zu den TOP 50 Tennisspielern der Welt nach aktueller Weltrabgliste. Er unterschrieb den NADA-Code nicht, wonach er im Davis-Cup nicht mehr für Deutschland eingesetzt werden durfte.
Der Tagesspiegel schrieb dazu:

Bislang aber wollte sich Petzschner […] nicht von Dopingkontrolleuren durch unangemeldete Tests in seiner persönlichen Freiheit einschränken lassen. „Ich bin eben ein chaotischer Typ, der auch mal zwei Tage abtaucht. Da weiß nicht mal meine Frau, wo ich bin“, erzählte Petzschner. Die Bestimmungen sehen vor, dass die Athleten angeben, wo sie täglich eine Stunde lang erreichbar sind und getestet werden können.“

Stefan 24. Juni 2010

Sven-Hendrik bringt meines Erachtens die Sache gut auf den Punkt: Natürlich muss es im Schach Regeln geben, aber sie müssen mit dem Schach zu tun haben und sie müssen verhältnismäßig sein. Es sind sehr unterschiedliche Menschen, die zum Schachspielen zusammenkommen. Die Schachverbände sind keine Gesundheitspolizei und keine moralische Besserungsanstalt. Sie müssen lediglich einen organisatorischen Rahmen schaffen, um Wettkampfschach zu ermöglichen, ansonsten haben sie die Privatsphäre ihrer Mitglieder zu respektieren.

Ich will noch auf die Beobachtung von Paul bei Kinder- und Jugendmeisterschaften zurückkommen (Eltern, die den Mitspielern ihrer Kinder auf die Toilette folgen), die mich etwas erschrocken hat. Gerade, wenn es schon auf dieser Ebene eine Atmosphäre des Misstrauens und Neides gibt (Vorbild ist ja ganz klar Elista 2006) — warum sollten wir diesem Affen noch mehr Zucker geben und diese Haltung mit einem weiteren Thema befeuern, welches in meinen Augen keine sachliche Grundlage hat? Sonst kommen wir demnächst dazu, dass überehrgeizige Eltern Dopingkontrollen auch für Kinder einfordern.

Zuletzt noch eine Bemerkung zu den Wünschen von Kindern, mal Großmeister und Schachprofi zu werden: Es ist sicher sehr schwierig für einen Trainer, den Ehrgeiz von Kindern in die richtigen Bahnen zu lenken, ohne ihnen den Spaß zu nehmen. Aber etwas Realitätsbezug sollte schon sein. Der Großmeistertitel reicht für eine Karriere als Schachprofi in Deutschland bestimmt nicht aus und ich habe auch meine Zweifel, dass eine solche Laufbahn über die ganze Leben betrachtet wirklich anstrebenswert ist, zumal die Spielstärke ja regelmäßig im mittleren Lebensalter zu sinken beginnt. Insofern würde ich jedem Kind zuraten, auch andere Dinge auszuprobieren, vor allem Bewegungssport und Musik. Es gibt sicher Ausnahmen wie z.B. Carlsen oder vielleicht Giri. Aber wenn im Landesschachverband ein solches Talent im Kindesalter auftauchen sollte, müsste man sich verantwortungsbewusst ohnehin um externe und privat finanzierte Trainingsmöglichkeiten bemühen, die der Verband selbst nicht hat.

Nordlicht_70 3. August 2010

„Mehrere “Gegner” einer Anti-Doping-Diskussion haben gesagt, dass es sie nicht stören würde, wenn ihr Gegner dopen würde. Ich würde meinen Gegner auch nur bedauern. ABER: Die Realität bei der DEM der Jugend ist eine andere! Schon in der u10 und u12 laufen Eltern dem gegnerischen Spieler auf die Toilette hinterher, um diesen zu kontrollieren. Es gibt Anschuldigungen noch und nöcher.“

Ich vermute mal ganz stark, dass KEINER dieser Eltern auf die Idee kam, den Medikamentenkonsum der Kiddies zu kontrollieren. Ebenso bin ich mir ziemlich sicher, dass niemand einen Gedanken daran verschwendete, beim Abendbrot- oder Frühstückstisch herauszufinden, wieviele Blutdrucksenker, Koffeintabletten o.ä. am Nachbartisch beim LSV „soundso“ eingeworfen wurden…..

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