Bei einer Geburtstagsfeier werden ja irgendwann die alten Geschichten rausgekramt. Das ist bei einer virtuellen Feier (eine Geburtstagskerze haben wir ja schon) nicht anders. Leider habe ich nicht wie Olaf meine alten Partienotationen aufgehoben, jedenfalls nicht alle und außerdem wüsste ich gar nicht, wo ich mit dem Suchen anfangen sollte. An die ersten Züge der folgenden Partie erinnere ich mich aber noch sehr gut. Ort der Handlung war eine Baracke in Nakensdorf, Bezirksmeisterschaften. Mein Gegner war ein Blondschopf, ich glaube, Ortrand mit Nachnamen, aber das weiß ich nicht mehr genau.
Kalhorn – Ortrand (?)
Nakensdorf, vor langer Zeit
1.d4 d5 2.c4 e6 3.Sc3 Sf6 4.Lg5 Sbd7
Wie man leicht sehen kann, wurde in den früheren Zeiten noch ein klassisches Eröffnungsrepertoire gepflegt. Heutzutage ernet man ja eher verständnislose Blicke oder ein paar mitleidige Bemerkungen, wenn man vom Orthodoxen Damengambit schwärmt. Ich hatte natürlich auch die weiteren Züge e3, Sf3, Tc1, Ld3 gelernt, stockte hier aber. Sollten die alten Meister etwa etwas übersehen haben? Hing da nicht ein Bauer? Tatsächlich!
5.cxd5 exd5 6.Sxd5!
Der Springer auf f6 ist ja gefesselt. Und der andere Springer verhindert, dass die Dame zurückschlagen kann. Nach kurzem Zögern kam
6…Sxd5!!
und ich sah die Bescherung. Ich entschloss mich dann gegen eine Aufgabe und zu
7.Lxd8 Lb4+ 8.Dd2 Lxd2+ 9.Kxd2 Kxd8 10.e4
mit Vollzentrum und einem Bauern für die Figur. Irgendwie gewann ich dann sogar noch.
Und was lernen wir daraus?
1. Immer den alten Meistern folgen.
2. Kinderschachtrainer haben einen harten Job. Erst jetzt kann ich mir vorstellen, welche Qualen Udo Nickel damals beim Zuschauen erlitten haben muss.
4 Kommentare
„Gegendarstellung“: Vor, es müssen hundert Jahre gewesen sein, hatte ich die Stellung in Schwerin in einem Mannschaftskampf als Schwarzer auf dem Brett! Der Gegner tappste, wie beschrieben in die Falle, die ich in der Woche in meinem „ABC des Schachspiels“ (Awerbach) gefunden hatte! Stolz nahm ich die Figur, der Gegner saß zerknirscht auf der anderen Seite und ich zog voller Kraft einen Zug nach dem anderen. Und zog und zog und zog- und verlor schließlich…
Den ganzen Sonntag-Nachmittag habe ich mit meinen Eltern kein Wort gewechselt; was zu einem, mein weiteres Leben prägenden, Satz meiner Mutter führte: „Du lernst zu verlieren oder wir lassen Dich nie wieder zum Schach!“ Ja, es geht nichts über kindgerechte Erziehung…
Man sagt mir nach, mein Schach sei seither kaum besser geworden; aber nach Niederlagen reden habe ich inzwischen gelernt!
Schön, dass ich das auch noch finde. Auf die gleiche Falle bin ich mit Weiß auch mal reingefallen, obwohl mir das Motiv irgendwie bekannt war. Ich erinnere mich noch: Es war ein Jugendpunktspiel gegen Güstrow. Ich dachte: „Super, Mehrbauer“, bis ic h dann aus allen Wolken viel. Jaja, ist bestimmt auch schon 10 Jahre her; keine Ahnung wie die Partie ausging, ich hoffe ich habe zu Recht verloren.
Ein echter Klassiker, sicher schon hunderte Male nachgeahmt bzw. vorweggenommen. Der gute Udo hat’s verkraftet, wenn ich ihn manchmal von alten Zeiten erzählen höre. Da ist der aktuelle Schachspielerschwund bei Waterkant Saal schon schwerer zu ertragen.
Oh, das höre ich gar nicht gern über meinen ruhmreichen Heimatverein.