Nachdem es mir im Vorfeld meiner Reise nach Südafrika nicht gelungen war, im Internet irgendwelche Informationen über das dortige Schach zu erhalten, kam mir vor Ort der Zufall in Gestalt einer Schachspalte im Weekend Argus zur Hilfe. Dort wurde etwas nebulös über ein „Western Cape Students Open“ berichtet, welches am nächsten Wochenende in Kapstadt stattfinden sollte. Angegeben waren mehrere Telefonnummern.
Ich nahm einfach die erste Nummer, rief Lyndon Bouah an und schilderte meine Lage: kein Südafrikaner, nur zu Besuch in Western Cape und eigentlich auch kein richtiger Student mehr. Lyndon wollte es mit den anderen Organisatoren besprechen und gab am nächsten Tag grünes Licht für meine Teilnahme.
Am Freitag vor dem Turnier stöberte ich vor dem Einkauf im Pick’n’Pay Claremont noch in einem winzigen Buchladen in einer riesigen Shopping Mall nach Schachbüchern und entdeckte tatsächlich unten im Regal etwas. Ein bisschen Vorbereitung sollte schon sein. Beim Blättern sprach mich auf einmal jemand an:
– Spielst du Schach?
– Ja.
– Spielst du in einem Club?
– Ja, aber nicht hier. In Deutschland.
– Wie heißt du denn?
– So gut spiele ich auch wieder nicht. Du wirst mich nicht kennen.
– Spielst du denn morgen in einem Turnier mit?
– (verwundert) Ja.
– Dann haben wir neulich telefoniert. Ich bin Lyndon Bouah.
Eine ganze Menge Zufälle, erst recht bei näherer Betrachtung. Aber auf diese Weise lernte ich den Vizepräsidenten des südafrikanischen Schachverbandes kennen.
Der Rest ist schnell erzählt. Mit deutscher Überpünktlichkeit fand ich am Samstag das Kramer Building auf dem Campus der Universität, in dem seit vielen Jahren Juristen ausgebildet werden, nach dem Abschlussfotos zu urteilen jahrzehntelang Weiße, inzwischen auch einige Farbige und Schwarze. Der Wachmann wusste jedenfalls nichts von einem Schachturnier („What a funny game!“), durchstreifte mit mir aber das gesamte Gebäude, fragte unermüdlich alle Angestellten und führte mich schließlich in ein fensterloses Zimmerchen in der 5. Etage. Überhaupt wussten wohl nicht allzu viele von dem Turnier, schließlich fanden sich 14 Spieler ein und nach kurzer Diskussion über den Modus wurde beschlossen, fünf Runden Schweizer System mit 30 Minuten Bedenkzeit zu spielen, damit man am Nachmittag noch zum Rugby gehen konnte (Stormers gegen Blues 32-20, ein aufregendes Spiel). Bei mir ging es nicht so gut. Nach zwei Siegen lief mir gegen das fulminante Königsindisch des späteren Siegers Calvin Klaasen die Zeit davon. Kurz vor dem Matt konnte ich noch das Handtuch werfen. Anschließend behielt ich in einem taktischen Gehacke gegen Jenine Ellapen zwar die Nerven, schaffte es aber gerade noch, ihren letzten Bauern zu schlagen, bevor meine Uhr ablief (es wurde mit digitalen Uhren gespielt). In der Schlussrunde noch ein Sieg, 3.5 aus 5 reichten dann zum dritten Platz. Wanderpokal und Qualifikation für die südafrikanische Studentenmeisterschaft gingen an Calvin – was mir eigentlich ganz recht war.
Bei der Siegerehrung durfte ich dann noch ein paar Schachgrüße aus Deutschland an die Turnierteilnehmer übermitteln. Hoffentlich bis zum nächsten Mal. Thank you, Lyndon!
2 Kommentare
Schöne Geschichte. Mehr davon. Bitte.
So viele Geschichten erlebe ich leider auch nicht. Aber eine kleine halb-afrikanische Anekdote (ohne Pointe freilich) kommt noch.