Ein Gastbeitrag von Guido Freyer
Um den ging es am letzten Oktoberwochenende im Yu-Yuan-Teehaus in der Nähe des Hamburger Rothenbaum und nun steht er bei mir auf dem Klavier.
Natürlich bin ich jetzt nicht Deutscher Meister. Der wurde in einem separaten Turnier von einer sechsköpfigen Gruppe ausgespielt, die sich im Laufe der Saison in mehreren Qualifikationsturnieren durchgesetzt hat. Hier dominieren in den letzten Jahren in Deutschland lebende Chinesen das Geschehen und teilten die ersten vier Plätze auch unter sich auf. Fangyao Pu konnte seinen Titel aus dem Vorjahr verteidigen.
Begonnen hat die Veranstaltung, weil ich ja zeitig vor Ort war, um die Übernachtung erst zu klären, für mich am frühen Freitagabend mit Tische rücken und Dekoration putzen. Eine helfende Hand wurde benötigt und wenn man mal schon da ist kann ja auch mit angepackt werden. Geklärt war dann, dass wir die Übernachtung nicht mehr klären können, weil die verbleibende Zeit dies nicht mehr zuließ und das Thema auf den Schluss des Abends schoben. Als Erstes stand eine Versammlung auf der Tagesordnung, die eine Satzung beschloss und den Mitgliedsbeitrag erhöhte, an deren Diskussion ich mich aber als zuhörender Gast zurückhielt. Und wie wir Schachspieler es gewohnt sind, nach Versammlungen wird geblitzt. In diesem Fall die Deutsche Blitz-Xiangqi-Meisterschaft. Euphorie kam auf, weil das Feld mit 16 Teilnehmern so gut besucht war wie selten zuvor. In der letzten Runde von neun angesetzten durfte ich gegen Hanming Weng, dem neuen Blitzmeister verlieren. Doch eine Ausbeute von vier Punkten und damit nahe an der 50-Prozent-Marke ist ein Ergebnis, das mich als unerfahrenen Spieler der Szene zufrieden stellen kann.
Samstag, nach S- und U-Bahnfahrt erst mal ein Frühstück bei einem Bäckerladen in der Nähe des Veranstaltungsortes. Die Übernachtung, zu der ich am Vorabend noch freundlicherweise verbracht wurde, erwies sich als in Ordnung und günstig, aber eben mit Selbstversorgung. Im Teehaus schon Gewusel. Die Helfer des Konfuzius-Instituts beim Herrichten des Verpflegungstisches, Männer in Anzügen mit Kärtchen um den Hals, eine Gruppe Kinder um aufgebaute Xiangqi-Bretter versammelt, mittendrin ein Akkordeon-Spieler in Hamburger Kluft, etwas einsam sitzend auf seinen Einsatz wartend. Auch die Teilnehmer an den Turnieren füllen langsam den Saal, darunter ein Blind-Schach-Spieler, der sich kurzfristig eigens für China-Schach ein Blindenbrett anfertigen ließ. Nach einer kurzen Eröffnungszeremonie mit kleineren Reden und musikalischer Untermalung verzog sich das Meisterturnier in einen anderen Raum und die Auslosung der ersten Runde wurde bekanntgegeben. Die Kinder verhielten sich bei ihren Wettstreiten verhältnismäßig ruhig und nach ungestörten zwei Runden gehörte ich auf einmal zum Kreis der möglichen Turniersieger. Zum Tagesende und vier im Schweizer System gelosten Runden stand ich auf Rang zwei der Tagestabelle.
Nach meiner Meinung war das offene Turnier etwas dürftig besucht. Nur sieben der zwölf teilnehmenden Akteure brachten eine Wertungszahl mit und drei von denen, einschließlich mir, mit hatten sehr wenig Turniererfahrung im China-Schach. Die Meister waren nun mit bei uns im Turniersaal, weil das Kinderturnier ja Samstagnachmittag beendet war. Hier und da kleine dreisprachige Gesprächsrunden. Erst war allerdings wieder Tische verschieben auf dem Programm, weil die Sonne uns ungünstig die Augen blendete. Gleich zu Anfang stand mir eine schwere Aufgabe bevor, aber auch der Sonntag verlief bei mir ohne Niederlage aus den verbleibenden drei Partien und meine Mitstreiter um den Turniersieg nahmen sich gegenseitig Punkte ab. Am Ende war ich mit 5,5 Punkten aus den sieben Runden mit besserer Buchholz tatsächlich Turniersieger, zwar etwas glücklich, weil die Remisen durchaus in Verluste hätten umschlagen können. Nun wurde auch die Presse auf mir aufmerksam und kleinere Interviews waren den Berichterstattern zu geben. Wie lange ich denn schon spiele, woher kenne ich die Regeln, wie kam ich zum Turniergeschehen, Herkunftsort usw.
Jedenfalls hat es mir Spaß gemacht und werde das auch weiter verfolgen, je nachdem wie die Zeit es zulässt. Oft bräuchte man beim Zugfahren ja den Montag als Urlaub und andere Schachtermine werden kollidieren. Mitstreiter an meiner Seite würden Zeit und Geld sparen, weil mit dem Auto eine bessere Planung möglich wäre. Kommt Zeit, kommt Tat. Außerdem muss dieser Erfolg auch erst einmal bestätigt werden. Der nächste Termin dazu wäre in Hannover am 8. und 9. Dezember.