Friedrich Schiller

FIESCO (leichtfertig dreist)
Und was verlorst du bei diesem Verluste?
JULIA (aufgeregt und mit Hitze)
Wenn ich den Schlüssel zu meinem weiblichen Heiligthum an dich vertändle, womit du mich schamroth machst, wenn du willst? Was hab‘ ich weniger zu verlieren, als Alles? Willst du mehr wissen, Spötter? Das Bekenntniß willst du noch haben, daß die ganze geheime Weisheit unsers Geschlechts nur eine armselige Vorkehrung ist, unsere tödtliche Seite zu entsetzen, die doch zuletzt allein von euren Schwüren belagert wird, die (ich gesteh‘ es erröthend ein) so gern erobert sein möchte, so oft beim ersten Seitenblick der Tugend den Feind verrätherisch empfängt? – daß alle unsere weiblichen Künste einzig für dieses wehrlose Stichblatt fechten, wie auf dem Schach alle Officiere den wehrlosen König bedecken? Ueberrumpelst du diesen – Matt! und wird getrost das ganze Brett durcheinander. (Nach einer Pause mit Ernst.) Du hast das Gemäld‘ unsrer prahlerischen Armuth – Sei großmüthig!

Friedrich Schiller: Die Verschwörung des Fiesco zu Genua (1783)

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