Ich ließ das Lazarett in der Speisehalle antreten und hielt eine Ansprache, in der ich auf das bevorstehende Kriegsende und den Aufbau besonders der Ernährung und des Verkehrs hinwies. Gruppen für Gartenarbeit, Werkstätten, Sport und Spiel, Volksschul- und Englisch-Unterricht, Schach-Klub und Musik wurden gebildet, und man ging am gleichen Morgen an die Arbeit. Nach 24 Stunden war das Bild äußerlich und innerlich umgewandelt. Es zogen sich schöne Salatbeete u.s.w. über die Gartenflächen. Wir nahmen die vom Reichs-Arbeits-Dienst verlassenen Werkstätten in Betrieb, und ein schöner Unterrichtssaal konnte möbliert, die Bibliothek ergänzt werden. Denn der Arbeitsdienst hatte einen herrlichen Vorrat an Werkzeug, Gerät, Möbeln und Büchern in eiliger Flucht hinterlassen. Die Hitler-Bilder wurden entfernt, „um sie dem Zugriff des Feindes zu entziehen“. Es hat aber kein Amerikaner unsere Räume betreten oder nach Schriften u. dgl. gesucht. Nur zwei Zimmer wurden von einer Wache bezogen. Die Ausgänge wurden nie bewacht.
— Viktor von Weizsäcker, der Großonkel des DSB-Präsidenten Robert Klaus von Weizsäcker, in Sinn und Form 6/2007 über seine Zeit im Lazarett von Heiligenstadt während der amerikanischen Besetzung. Das Schachspiel scheint in der Familie zu liegen. Was wohl aus dem Schachklub geworden ist, als die Amerikaner im Sommer 1945 abzogen und ganz Thüringen von der Roten Armee besetzt wurde?
2 Kommentare
Heißen sie nicht „Weizsäcker“?
Oja, danke für den Hinweis. Ich habe er korrigiert. Peinlicher Fehler.