How To Beat An International Master In Chess

Wie schlägt man einen Internationalen Meister im Schach? Zunächst muss man einmal gegen einen spielen, was manchmal gar nicht so einfach ist. In dieser Saison begibt man sich dazu am besten an das Spitzenbrett der mecklenburgisch-vorpommerschen Landesliga, wenn gerade der Schachverein Gryps (so der etwas kryptische Name des hiesigen Lokalrivalen) dran ist. Wir blenden uns ein in das Derby SV Gryps gegen Greifswalder SV II. An Brett 1 kommt Klaus-Peter Köpcke (2164 ELO) gegen Zbigniew Ksieski (2424 ELO) zum Aufruf.

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Klaus hatte gegen das schwarze Nimzoindisch zielstrebig diese positionelle Ruine aufgebaut, allerdings ist zu vermuten, dass Zbigniew in der Rückschau lieber lang rochiert hätte. Dem Vernehmen nach war der Schwarze etwas ungehalten ob der ausbleibenden weißen Aufgabe. Solcherart Benehmen wird ja in den besseren Schachkreisen mitunter als eine Art Majestätsbeleidigung angesehen. Momentan gibt es aber noch ein paar Einbruchsphantasien auf der h-Linie. Wahrscheinlich deshalb:
23…Th8
Einfach 23…Da6 hätte den Finger in die weißen Wunden gelegt. Jetzt ist die schwarze Stellung nach
24.f4
schon problematisch. Es ist klar, dass Weiß am Königsflügel wird öffnen können.
24…Sxc4 25.fxg5!!
Sehr trocken. Weiß muss vor allem gesehen haben, dass nach dem verheerend aussehenden
25…Sxe3

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26.Df2!!
alle Lichter ausknipst. 25…h5 hätte noch einigermaßen zugehalten, aber welcher Mensch will solch einen Zug spielen?
26…Sxf1
Lässt es sich zeigen, eine sehr ehrenvolle Geste des Schwarzen, wie ich finde. 26…f5 würde das unmittelbare Matt verhindern, aber Weiß nimmt einfach den Springer und behält den ganzen Angriff.
27.Df6+ Kg8
27…Kf8 28.Dxh8+ Ke7 ist nach 29.Df6+ Kd7 30.Dxf7+Kc8 31.Txh6 auch schrecklich, aber Weiß muss in dieser Variante immerhin 29.Dxa8 vermeiden, was nach 29…Db3 nur zu Dauerschach führt.
28.Txh6!
Matt in 6. Schwarz gab auf. Schwer zu sagen, was IM Ksieski übersehen hatte, vielleicht sogar den letzten weißen Zug?

6 Kommentare

KPK 1. November 2008

Sehr ehrenvoll, eine Partie kommtiert zu bekommen. Vielleicht komme ich ja auch noch in die Tag-Wolke rein.

Um einige aufgeworfene Punkte zu klären: Meine Aufgabe wurde nicht erwartet, allerdings polterte Zbigniew gleich nach seiner lautstark herum („It was a completely winning position“, „this ist not justice“ O-Töne), was zumindest den Vorteil hatte, dass auch jeder im Saal mitbekommen hat, das ich gewonnen habe.

In der kurzen Analyse nach dem Spiel zeigte sich, dass Ksieski mehrere Sachen übersehen hatte: 23. … Da6 (ich auch), 26. Df2 und selbst 28. Txh6. Er wollte mit Th8 eigentlich auf Nummer sicher gehen, was aus meiner Sicht im Spiel auch sinnvoll war, weil ich dachte, irgendwas wird nach 24. Txh6 oder Lxg5 schon gehen. Allerdings verläuft das alles im Sande…

Ansonsten bin ich stolz, immerhin ziemlich alles gesehen zu haben (z.B. dass 24. … Sxg4 besser, und 25. … Sxe3 ein Doppelfragezeichenzug ist).

PS: Sag mir lieber, was in der Eröffnung schief gelaufen ist ;-)

ElNino 2. November 2008

Nabend aus Neubrandenburg von einem Schweriner nach Greifswald!
Ich sehe es pragmatisch: Ein IM-Skalp wurde geholt! In der 1. Landesliga !! In Mecklenburg-Vorpommern!!! Einzig das zählt, mit 90%iger Wahrscheinlichkeit steht der große Meister (obwohl das ja rein vom Titel her so nicht passt…) immer besser/ auf Gewinn: So what?? Siege zählen, und gegen gute Leute macht es um so mehr Spaß! Oder denken die Titelträger, wir leben hier oben hinterm Mond?

Chaac 2. November 2008

Ist natürlich Geschmackssache, aber wenn du schon 4. Dc2 ziehst, warum nimmst du dann nicht nach 5. a3 Lxc3 mit der Dame wieder ? Wenn du den Doppelbauer haben möchtest, kannst ihn schon gleich bekommen nach 4. a3 und hast (erstmal) den Damenzug gespart. In vielen derzeitigen GM-Partien nehmen die GMs halt mit der Dame auf c3 wieder nebst b4 und Lb2 oder auf Se4 wieder Dc2 zurück.

Gegen Westphal stand der poln. IM Ksieski fast zum Schluss breit und erreichte
glücklich noch ein Remis.

Es weht schon eine steife Brise am 1. Brett in der Landesliga M-V ! :)

Stefan 3. November 2008

Vielleicht schaffe ich hier ja mal einen Einführungskurs zu Nimzoindisch. Chaac hat natürlich recht, entweder versucht man, mit 4.a3 oder 4.f3 möglichst schnell e2-e4 durchzusetzen oder man nimmt nach 4.Dc2/4.Db3 mit der Dame auf c3 wieder und hält die Bauernstruktur intakt. Wenn b2xc3 kommt, kann Schwarz oft mit c5, d6 und e5 ausstopfen und mit b6+La6+Sc6-a5 den schwachen c4 angreifen. Du kannst ja mal de Verdier gegen Maniocha aus der ersten OL-Runde nachspielen, da hat Micke zeitgleich mit deiner Glanzpartie schön die schwarzen Möglichkeiten demonstriert. Ich halte Nimzoindisch für eine der komplexesten Eröffnungen, weil Schwarz die Wahl hat, welche Bauernstruktur im Zentrum hergestellt wird.

PS. War schon das zweite Mal, dass ich köpcke getaggt habe.

KPK 3. November 2008

Der Zug Dc2 ist ja eigentlich gar nicht mein Zug. Üblicherweise setzte ich ja im 3. Zug mit Sf3 fort (übrigens aufgrund einer Kurzeinweisung deinerseits auf der Fahrt zum letzjährigen Cottbus-Spiel. Ich habe aber nichts gegen noch eine Einweisung). Ksieski hat mehrfach in der Stellung nach 4. Dc2 mit 4. … d5 fortgesetzt, was dann zu einem frühzeitigen Damentausch und einer nach meinem Gefühl angenehmen Stellung für Weiß führte (wenn man nicht unbedingt kompromisslos auf Sieg spielt). Erstaunlicherweise verfiel er dann erstmal in längeres Nachdenken und wich ab. Er hatte also Angst vor meiner Vorbereitung (Guido hat ihn gewarnt ;-) ). Na ja, so landete ich in einer Stellung, in der ich mich weniger auskannte als normalerweise zu diesem Zeitpunkt ;-)

Stefan 6. November 2008

Guido ist ein Vorbereitungsmonster, wie auch Wilko berichtete. 3.Sf3 nimmt Nimzoindisch aus der Stellung, lässt aber Damenindisch (3…b6) zu, weil e4 nicht überdeckt wird. Vor allem verhindert 3.Sf3 die für Schwarz gefährliche Abtauschvariante ohne Sf3 im Damengambit.

Ich hoffe doch sehr auf eine gemeinsame Zugfahrt irgendwann, oder eine Fährfahrt — da ist noch mehr Zeit!

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