Schachfunktionäre sind lustige Leute. Das gilt für Fernschachfunktionäre nicht minder. Der Fernschachpost 3/2006 kann man entnehmen, dass der Deutsche Fernschachbund einen „PR-Manager“ hat, der als Antikorruptionsbeauftragter einer westdeutschen Großstadt tätig ist, Hard Rock hört und schon mal einen Kriminalroman geschrieben hat. Also Schluss mit der öden „Öffentlichkeitsarbeit“, wie sie hierzulande noch betrieben wird. Bürokratischer Höhepunkt des Heftes sind neun Seiten Protokoll über eine Vorstandssitzung. Da geht es Schlag auf Schlag: Die Fernschachfreunde starten eine „Nachwuchsoffensive“, koordiniert übrigens von Schachfreund Isigkeit.
Durch eine gezielte und auf Dauer angelegte Politik zur Gewinnung neuer ehrenamtlich Tätiger ist dafür Sorge zu tragen, dass bei Bedarf auf eingewöhnte jüngere Mitglieder zurückgegriffen werden kann. Hierfür können schon heute administrative Aufgaben genutzt werden.
Den „Zentralturnierleiter“ gibt es auch nicht mehr. Dafür gibt es jetzt wieder das „BdF-Turnierbüro“. Und es gibt – wir erinnern uns – ein neues Logo. Doch: Dieses
darf ab sofort für Onlineangebote und spezielle PR-Maßnahmen genutzt werden. Im Schriftwechsel wird bis auf weiteres das bisherige Wappen verwendet. Dies bringt zudem den Effekt mit sich, dass alle Vordrucke weiter verwendet werden können. Eine (schnelle) Aufgabe des bisherigen Wappens würde das Zusammengehörigkeitsgefühl zahlreicher Mitglieder verletzen, eine schlichte Beibehaltung aber würde die schon zu beobachtenden Wagenburgeffekte verstetigen. Dem Marketingdirektor wird die Aufgabe übertragen, die weitere Entwicklung zu beobachten und zu gegebener Zeit die Angelegenheit wieder aufzugreifen.
Das ist ganz große Dialektik, wie sie schon fast in Vergessenheit geraten war. Basis und Überbau. Der historische Kompromiss. Zwei Schritte vorwärts, einer zurück – die alte Leninsche Taktik.
Zum Glück gibt es auch noch Schach im Heft. Olga Sucharewa ist die 7. Fernschachweltmeisterin der Frauen. Sie hat mit Fernschach begonnen, weil sie es nie mochte, ihre Gegner im Nahschach über die Zeit zu heben. Olga Sucharewa kommentiert, durchaus selbstkritisch, eine aufregende Partie aus dem WM-Zyklus. Sehr lesenswert.