Wir haben unseren Schachverein online gebracht, wie viele andere auch. Die Nutzerzahlen bei Lichess haben sich binnen Tagen verdreifacht. Die Infrastruktur ist schnell gewachsen. Es gibt Vereinsturniere und eine Quarantäneliga mit inzwischen 16 Staffeln, 160 Mannschaften und mehreren tausend Spielern. Am letzten Samstag haben wir zum ersten Mal eine Mecklenburg-Vorpommern-Liga gespielt. Mal sehen, wie sich das alles weiterentwickeln wird. Wir denken darüber nach, unser Herrentagsturnier und die Vereinsmeisterschaft online auszutragen. Es gibt aber auch Ermüdungserscheinungen.
Schach ist das perfekte Spiel für das Internet. Im Grunde könnte man einen Großteil der Wettkämpfe ins Netz verlegen, wenn es nicht das Problem des Cheating geben würde. Lichess hat ein gutes System, um Betrug zu entdecken, aber ganz lässt sich das nicht verhindern. Die wirksamste Vorsorge ist soziale Kontrolle und jetzt könnte eigentlich der Deutsche Schachbund mal ins Spiel kommen. Es wäre sehr hilfreich, wenn alle im Schachbund organisierten Mitglieder eine Spieler-ID hätten, die man mit den verschiedenen Plattformen verknüpfen könnte. Bestenfalls sollte der Verband eine solche Plattform sogar selbst betreiben. Der Schachbund ist in dieser Krise aber merkwürdig passiv, der Wettkampfbetrieb im Netz ist deshalb größtenteils selbstorganisiert und läuft unabhängig vom Verband (anders zum Beispiel in Schweden, die dortige Föderation baut gerade eine offizielle Online-Liga auf). Der Landesschachverband ist dagegen weiterhin optimistisch und will am 26. April eine Mitgliederversammlung durchführen. Ein Treffen der Risikogruppen im Real Life sozusagen.
Ich bin gespannt, ob diese Krise das organisierte Schach auf Dauer verändern wird. Wir müssen gerade einiges ausprobieren. Das kann auch eine Chance sein.