Oberliga 2017/18

In der Oberligasaison 2017/18 kam ich auf sieben Einsätze und landete bei 50 Prozent. Die Mannschaft belegte am Ende den 3. Platz. Es waren die Goldenen Zeiten des Greifswalder Schachvereins.


Cottbus

Der Staffelleiter hat vor dieser Saison so lange gelost, bis alle Berliner Vereine zufrieden waren und so mussten wir doch zu Lok RAW Cottbus fahren, wofür der Brandenburger Aufsteiger natürlich auch nichts konnte. Gleiches gilt für den Sturm, der in den Tagen zuvor das Bahnnetz außer Betrieb genommen und uns vor einige logistische Herausforderungen gestellt hatte. Immerhin brachten wir gegen die netten Gastgeber, die ein wirklich hübsches Vereinsheim am Wasser haben, acht Leute an die Bretter (und es ging gut für uns aus).

Das ist ein Schnappschuss vom 7. Brett, wo ich mich gegen Alexander Lehmann hier zwischen Sd5, e4 und Tc1 entscheiden musste. Wahlweise handelt es sich um eine Beweispartie in 15 Zügen.

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Makkabi

Makkabi Berlin hatte nicht die Bestbesetzung für die Auswärtsfahrt nach Berlin zusammentrommeln können, sodass wir klarer Favorit waren. Das Ergebnis (6,5-1,5) sieht trotzdem deutlicher aus, als der Kampf verlief, vor allem im Unterhaus.

Ich hatte hier gegen Jevgeni Schmidt ziemliche Probleme, ehe ich den ursprünglichen Gewinnplan verworfen und den richtigen Gewinnplan gefunden hatte. Weiß steht natürlich deutlich besser, aber der Springer ist in dieser Struktur sehr trickreich, seine Bauern stehen auf schwarzen Feldern und der Läufer hat h8 nicht unter Kontrolle.

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Tegel

– Guten Tag! Ich nehme bitte ein Stück Butterkuchen und ein Schokoherz.
– Zum hier essen?
– Ja! Und einen Kaffee bitte.
– Getränke gibt’s nicht mehr.
– Oh! Gar nichts?
– Ne. Irgendwann muss ich ja mit dem Saubermachen anfangen.

— Sonntag 10.10 Uhr in einer Berliner Bäckerei, die bis 11 Uhr geöffnet hat

Tegel II will offenkundig das erste Mal im Leben in die 2. Bundesliga aufsteigen und hatte gegen uns nahezu Bestbesetzung aufgeboten, sodass ich es am 8. Brett mit Frank Niehaus zu tun bekam. Vorn war alles in Ordnung, aber die Bretter 5 bis 7 sahen schlecht aus. Das veranlasste mich, hier mit 31…Da4 einen Gewinnversuch mit Pseudo-Drohung auf d1 anzudeuten. Es ging mit 32.Dxa4 bxa4 33.Sc2 Lxe3+ 34.Sxe3 f5!? 35.Sc2! Se8 36.exf5 Sc7!? und Remis nach 54 Zügen weiter. Am Ende verloren wir mit 3-5, die kleinen Träume vom Aufstieg sind verflogen.

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Empor

Blackout am Sonntag. Peter Welz wiederholte nicht sein Schottisch vom letzten Jahr, sondern brachte 1.f4, wonach ich fünf Minuten lang den Impuls niederkämpfen musste, den Saal zu verlassen oder wenigstens Froms Gambit zu spielen. Stattdessen öffnete ich voller Panik das Zentrum, nachdem auf h4 eine weiße Dame aufgetaucht war und mit Mattsetzen gedroht hatte. Hier sah ich zwar, dass der Zwischenzug 19…Txf1+ nach 20.Lxf1! Lxe5 21.Sxd5! Probleme gibt (21…Dxd5 22.Lc4), wollte die dann aber am Brett lösen. Tatsächlich war nichts mehr zu retten. Sofort 19…Lxe5 wäre dagegen noch okay gewesen.

So verloren wir am Ende mit 3.5 zu 4.5, jetzt wieder Abstiegskampf.

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Weiße Dame

In Charlottenburg wurde es etwas dramatisch.

Nachdem ich die Gewinnstellung gegen Ralf Mohrmann beinahe weggestellt hatte, war ich naturgemäß in starker Zeitnot und nervlich angeschlagen, als er mich mit 39…Db1 erschreckt hatte. Mit 30 Sekunden auf der Uhr spielte ich hier 40.Dc3?. Irgendwie sah ich nur, dass meine Grundreihe durchhing und der Turm verteidigt werden musste und außerdem wollte ich für den Bauern auf c2 schlagbereit sein. Nach 40…Lb4! 41.d8D Lxc3 42.Dd7+! (42.Dc7+ mit Doppelangriff und Gewinn des Läufers war meine sog. Berechnung, aber da ginge natürlich einfach der Rückzug 42…Lg7) 42…Lg7 43.Dd2! Lb2! 44.Dd7+ konnte ich von Glück reden, dass es noch Remis war. 40.Dg1 oder Dd2 hätten sehr einfach gewonnen und wenn ich den Zug nach g1 überhaupt in Betracht gezogen hätte, hätte ich ihn auch gespielt, weil ich eigentlich ohnehin beide Schwerfiguren auf der Grundreihe haben wollte.

Sehr ärgerlich, so eine gewonnene Partie wegzustellen. Immerhin gewann die Mannschaft am Ende trotzdem mit 5-3, sodass es auf den verlorenen halben Punkt nicht ankam. Das Abstiegsgespenst einstweilen vertrieben.

Weiße Dame waren übrigens sehr angenehme Gastgeber. Nette Leute, gute Tische, vernünftige Beleuchtung, schönes Spielmaterial und Catering mit am-Platz-Service.

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Stralsund

Die letzte Runde Oberliga brachte uns ein Heimspiel gegen die Nachbarstadt. Wir wären lieber die 35 Kilometer nach Stralsund gefahren und hätten dafür die Fahrt nach Cottbus eingetauscht, wie ursprünglich auch ausgelost, aber der Staffelleiter war damit nicht zufrieden.

Das Budapester Gambit ist hier noch gut zu erkennen. Weiß hat das Läuferpaar und sollte sich am Damenflügel ausbreiten, aber ich sah nach zuletzt De7-g5 Gespenster (h7-h5-h4 und Matt auf g2) und spielte deshalb nicht das thematische 17.c5 mit großem Vorteil (17…h5 18.cxd6 h4 19.d7!), sondern das ängstliche 17.f3, um die Diagonale zu schließen. Nach 17…Lc6 nahm ich das Remisgebot von Andreas Kohn an. Objektiv sollte die Stellung gleich sein, aber es ist schon Weiß, der Probleme lösen muss. Die Mannschaft gewann am Ende souverän mit 6.5-1.5, die beste Oberligasaison für das Greifswalder Schach, aber ich bin froh, dass sie endlich vorbei ist.

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Oberschöneweide

Die 6. Runde der Oberliga 2017/18 ist noch nachzutragen. Wir spielten gegen Oberschöneweide. Zum dritten Mal hintereinander gegen Ingo Stark, zum dritten Mal Weiß, zum dritten Mal Benoni. Unser Mini-Match stand 2-0 und ich ahnte, dass meine Glückssträhne nicht ewig anhalten würde.

Nachdem er zunächst alles bekommen hatte, wovon der Schwarze im Benoni träumt, konnte ich mich etwas herauswinden. Hier war klar, dass ich nicht warten konnte, bis er sich konsolidiert. Es roch nach einer Glanzpartie. Sieg oder Untergang!

26.e5! dxe5

26…fxe5 wurde in der Analyse vorgeschlagen, aber das verliert auch: 27.Lxg6 hxg6 (besser 27…exf4 28.Dh4 hxg6 29.Txe8 Txe8 30.Txe8+ Kg7) 28.Dxg6+ Kh8 29.Tg3! Der Turm sperrt die g-Linie, bevor die Dame Schach gibt. Schwarz wird matt.

27.Lxg6! exf4

Das sieht gefährlich aus (Turm, Dame und Läufer sind angegriffen), aber wie wir alle wissen, muss nach einem Doppelschach immer der König ziehen:

28.Lxh7++! Kxh7

28…Kh8 29.Dh4 fxe3 30.Le4+! Sperrt die Dame mit dem Abzugsschach aus und Schwarz wird sofort matt. An so etwas hatte ich im Sinne einer Glanzpartie gedacht.

29.Dh4+ Kg7

30.Dg4+

Es ist klar, dass Weiß die Qualität gewinnt, aber ich wollte noch ein zusätzliches Motiv schaffen (den gefesselten Springer). Praktisch wäre aber 30.Txe8 Txe8 31.Txe8 übersichtlicher und besser gewesen. Nach dem Textzug bekommt Schwarz nur noch eine Angriffsfigur.

30…Sg5

Bis hierher hatte ich vor meinem 26. Zug gerechnet. Die Stellung ist gewonnen, aber leider nicht vollkommen klar.

31.Txe8 f3!

Die beste Chance, sofort gespielt, ein giftiger Zug, der Weiß zu viel Auswahl lässt.

32.T1e7+

32.gxf3 Df2+ 33.Dg2 wäre einfach aus gewesen, aber ich wollte wahrscheinlich schön spielen und meinen 30. Zug rechtfertigen. So etwas ist immer eine schlechte Idee.

32…Kg6 33.Dxd4??

Blackout, noch immer ging 33.gxf3

33… cxd4

Auf einmal wurde mir klar, dass Weiß in großen Schwierigkeiten steckt. Der Freibauer auf d4 ist zwar noch drei Züge von der Umwandlung entfernt, aber zusammen mit dem zweiten Freibauern auf f3 (der verhindert, dass der weiße König einfach heranläuft), den tragisch verketteten weißen Türmen (der Turm auf e7 muss seinen Kollegen auf e8 decken und kann deshalb nicht eingreifen) und dem nur störenden Bauern auf d5, den man lieber nicht hätte (weil er verhindert, dass ein weißer Turm den schwarzen Bauern von hinten aufhält), ist er erstaunlich bedrohlich.

34.gxf3?

Der Sperrzug 34.g4 kam mir nicht wirklich in den Sinn. Nach 34…d3 35.Txf8! d2 ist 36.h4! kaum zu sehen, aber das Dauerschach nach 36.Tg8+ Kh6 37.Th8+ Kg6 38.Tg8+ hätte ich finden müssen. Ich wäre inzwischen mit einem Remis völlig zufrieden gewesen. 36.h4 gewinnt sogar: 36…d1D 37.h5+ Kh6 38.Txf6 matt. Ein Rechner hat natürlich keine Angst.

34…d3 35.Te3?

Der letzte Fehler. Obwohl mir klar war, dass dieser Zug hoffnungslos ist, suchte ich nicht nach Alternativen. Es war noch nicht zu spät für das Remis: 35.Txf8 d2 36.Tef7 d1D 37.Txf6+ Kg7 38.h4 Dd2+ 39.Kg3 Sh7 40.T8f7+ Kg8 41.Tf5 und Weiß hat genug Spiel und Material für die Figur.

35…Txe8 36.Txd3

Wenn nur der d5 nicht wäre!

36… Kf5

Und bald

0-1

Untergang.

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21 Kommentare

MiBu 27. Oktober 2017

[Cottbus] Ich musste die Suchfunktion für die Stellung bemühen, um den Hergang ableiten zu können. Offenbar stand Grünfeld-Indisch zur Debatte und die reine Ergebnis-Statistik spricht für Tc1.

Stefan 28. Oktober 2017

Die Position gibt es tatsächlich in der Datenbank? Offenbar wird heutzutage jede Patzerpartie erfasst. Ich habe hier wirklich den Turm nach c1 gespielt.

Die weiße Stellung sieht sehr gut aus, es ist aber wohl nur leichter Vorteil.

MiBu 5. November 2017

1.d4 Sf6 2.c4 g6 3.Sc3 d5 4.Sf3 Lg7 5.Lg5 Se4 6.cxd5 Sxg5 7.Sxg5 e6 8.Dd2 exd5 9.De3+ Kf8 10.Df4 Lf6 11.h4 h6 ist gar nicht so selten.Allerdings wird dann viel öfter 12.Sf3 als Sxd5 gespielt. Offenbar hat Weiß nach 12.Sxd5 Lxg5 wenig Aussicht auf Vorteil: 13.De5 Th7 14.hxg5 Sc6 15.De4 Lf5 16.Df3 Sxd4 17.Da3+ Kg7 18.Se3 Dxg5 und Weiß hat Kompensation für den Minusbauern, aber nicht mehr (meine ich).

In der hier einschlägigen Partie ging es aber offenbar mit 12. – hxg5 weiter, was wesentlich seltener ist als Lxg5. 13.Dxf6 Dxf6 14.Sxf6 Txh4 15.Txh4 gxh4 und es ist die Diagrammstellung erreicht.

MiBu 5. November 2017

[Makkabi] Es wäre gut, den Springer schlecht zu stellen, damit er nicht über f4 herauskommt. Daher 1.h4+! (zwei Mehrbauern sind ganz gut, vor allem weil man dann leichter auf einen verzichten kann …)
Nach 1. – Kxh4 2.Ke3 bleibt nur das erbärmliche Sg1. 3.Lc4 droht mit Lf1 den Springer einzusargen, nach 3.-Sh3 4.Lf1 Sg5 5.Kf4 stehen die schwarzen Figuren schlecht genug um zu verlieren. (3.-Kh3 4.Lf1+ Kxh2 5.Kf4 ist keine echte Alternative.)

Stefan 5. November 2017

Ich war sehr froh, als er mit dem Bauern auf g5 schlug. Ich wusste nur, dass Lxg5 Pflicht und kritisch für Weiß ist. Sxd5 ist natürlich Kaffeehaus-Schach. Der Schwarze hatte ein Restbild und dachte, dass nach Lxg5 Weiß mit Dxf7 mattsetzt :)

Ich wusste mangels Datenbank nicht, dass hxg5 überhaupt schon gespielt wurde.

MiBu 6. November 2017

Kaffeehausschach passt ganz gut, es fand sich z.B. eine Partie Nakamura – weiß ich nicht mehr genau (Harikrishna oder ein anderer Inder, aber nicht Anand), die angeblich von Weiß gewonnen wurde, obwohl die Schlussstellung eher gewonnen für Schwarz ist. Natürlich ging es da mit Lxg5 weiter.
Der wohl bekannteste Spieler, der auf hxg5 verfallen ist, ist Robert Ris – war aber auch schon etwas her und ein U14-Turnier…

Hartplatzheld 6. November 2017

Der Inder war Sasikaran, und das Ergebnis ist korrekt.
Im Vergleich zu einer anderen Partie Nakamura-Sasikiran ist die Eröffnungsbehandlung aber direkt seriös zu nennen:-)

MiBu 13. November 2017

Wie ging denn die Partie weiter – mit h4+ oder hattest Du was anderes gefunden? (ich bin mir nicht sicher, dass das der einzige Gewinnplan ist.)

Stefan 13. November 2017

Mein ursprünglicher Plan war tatsächlich 1.h4+ Kxh4 2.Lc4 Sc3+ 3.Kf5 Sxa4 5.Ke6, aber das schien mir nicht klar genug und tatsächlich ist es 0.00 bei genauem schwarzen Spiel.

Die Springerverfolgung hatte ich auch erwogen, aber deinen Vorschlag 3.Lc4 nicht gefunden.

Das brachte mich aber auf die Idee, über die andere Seite reinzulaufen: 1.Kd3 Sf4+ 2.Kc4 nebst b5-b6 und Kc4-b5, was dann auch einfach war. Tatsächlich habe ich diesen Plan erst ganz am Ende gesehen, wahrscheinlich, weil der schwarze Damenflügel lange unzugänglich gewesen war, als er noch vom Springer bewacht wurde…

HL 27. November 2017

[Tegel] Als ich wegging, dachte ich, dass deine Stellung relativ gut wäre und hatte gedacht, dass es evtl. reichen könnte. Erst beim Nachspielen der Partien merkte ich, dass dem nicht so war. Egal, 2,5/3 ist doch bisher ein tolles Ergebnis.

Hartplatzheld 29. November 2017

Sehr interessante Einblicke in Berliner Bäckereien :-)

Allerdings möchte ich anmerken, dass a) Tegel II in der Saison 2000/01 schon mal in der 2. Liga gespielt hat und b) das Liga-Orakel Greifswald deutlich höhere Aufstiegschancen gibt als Tegel II.

Stefan 29. November 2017

a) 2000/01 war deutlich vor meinem Oberliga-Leben
b) Das Ligaorakel irrt sich. Tegel II hat Pankow geschlagen und muss auch statistisch damit Favorit sein.

Hartplatzheld 30. November 2017

Ob Tegel II aufsteigen darf, hängt ja nicht nur von ihrem eigenen Abschneiden ab …

Stefan 3. Dezember 2017

Ja, daran habe ich nicht gedacht. Aber Tegel I steigt ja serienmäßig wieder auf, warum sollte das in diesem Jahr anders sein?

Hartplatzheld 4. Dezember 2017

Ich schlage vor, dass du die Frage direkt nach Kiel richtest :-)

Stefan 4. Dezember 2017

Was ist denn die Mannschaftssprache in Kiel? Dänisch oder Polnisch? :D
Da müsste ich passen.

Tegel I hat es aber wohl noch selbst in der Hand, das Fahrstuhlkonzept weiter durchzusetzen :)

rank zero 24. Dezember 2017

Aber nur sehr theoretisch – realistisch dürften sogar die minimalen Greifswalder Aufstiegsschancen noch größer sein als die von Tegel I.

LowScore 23. Januar 2018

[Weiße Dame] Ich finde ja, dass 40.Da1 sehr schick aussieht. Ansonsten hätte mich 40.De4 noch gereizt, aber sicherlich erst nach 2 Minuten und niemals innerhalb von 30 Sekunden. Remis ist viel besser als Verlust auf Zeit!

MiBu 8. März 2018

Wohl wahr. Offenbar befindet sich unser Blogger aber in permanenter Zeitnot, sonst hätte man vielleicht in den letzten sechs Wochen ein neues posting goutieren können.

Stefan 17. März 2018

Ein neues Posting hätte die 6. Runde betroffen, die ich aus Gründen verschweigen möchte.

Richard 6. Mai 2018

[Oberschöneweide] Ein schönes Drama, leider mit dem falschen Sieger …

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