Vorläufige Bilanz

Als ich vor einer Woche hier einen offenen Brief an alle Mitglieder des Landesschachverbandes Mecklenburg-Vorpommern veröffentlichte, rechnete ich nicht mit der Vielzahl der Reaktionen. Dafür möchte ich erstmal allen Kommentatoren danken, schön, dass eine Diskussion zustande gekommen ist. Weil der Thread inzwischen etwas unübersichtlich geworden ist und neben dem Doping mittlerweile eine Menge weiterer Fragen thematisiert, möchte ich aus meiner Sicht ein paar Punkte zusammenfassen.

1. Es gibt kein Dopingproblem im Schach

Hier scheint weitgehend Einigkeit zu herrschen. Auch Nicklas Rickmann (Präsident des Landesschachverbandes) und Paul Onasch (dessen Anti-Doping-Beauftragter) räumen das ein. Die Dopingfrage wird uns von außen aufgezwungen, vom Deutschen Schachbund und von den Sportverbänden. Ich bleibe dabei: Von selbst würde keinem Schachspieler einfallen, dass wir eine Anti-Doping-Ordnung brauchen.

2. Es gibt ein Finanzierungsproblem

Soweit der Landesschachverband und die Schachvereine öffentliche finanziert werden, erfolgt das im Rahmen der Sportförderung. Es besteht die reale Gefahr, dass wir diese Finanzierung einbüßen, wenn wir keine Anti-Doping-Ordnung verabschieden. Auch dieser Punkt dürfte nicht ernsthaft umstritten sein. Meine Antwort lautet: Lasst uns zunächst mit den Sportbünden sprechen und unsere Auffassung erläutern, wonach wir keine Anti-Doping-Ordnung brauchen. Ich bin überzeugt, dass auch dort vernünftige Leute sitzen und entscheiden. Wenn das keinen Erfolg bringt, lass uns eine Aufstellung machen, um welche Beträge es sich nach Abzug der eigenen Beiträge zum Sportbund handelt. Und lass uns zuletzt wenigstens überlegen, was in unserer Anti-Doping-Ordnung drinstehen soll. Das leitet über zum nächsten Punkt:

3. Die NADA verlangt eine Dopingordnung nur für den Spitzensport

Ich habe bereits geschrieben, warum ich meine, dass selbst die NADA nur die Unterwerfung der Nationalmannschaften und der Teilnehmer Deutscher Meisterschaften unter ihr Regelungswerk verlangt. Das sind Punkte, die den Landesschachverband nicht betreffen. Die Beschränkung unserer Anti-Doping-Ordnung auf Spitzensportler dürfte hierzulande auf keinen größeren Widerstand stoßen. Ich hätte jedenfalls nichts dagegen.

4. Das Präsidium weiß nicht, was es eigentlich zur Abstimmung stellt

An diesem Punkt kann ich meine Kritik an der Präsidiumsmehrheit leider nur vertiefen. Die Präsidiumsmehrheit argumentiert unter anderem damit, dass es außerhalb von Deutschen Meisterschaften und der Kader, also im Breitensport, keine Kontrollen geben wird und dass für den Breitensport die Regelungen über die Notwendigkeit von medizinischen Ausnahmegenehmigungen nicht gelten würden. Ich habe versucht, anhand der vorliegenden juristischen Texte darzustellen, dass das nicht stimmt. Paul wollte sich deshalb noch erkundigen (!) und beteiligt sich an der Diskussion nicht mehr. Er hat auch meine Frage nicht beantwortet, ob er den Vertrag des DSB mit der NADA, mit dem Niklas argumentiert, schon mal gesehen hat. Niklas will den Vertrag bei der Mitgliederversammlung vorlegen — zu spät für eine vernünftige Prüfung, wie ich finde. Der DSB hat bisher auf meine Bitte, den Vertrag vorzulegen, nicht reagiert, noch nicht einmal mit einer Eingangsbestätigung für meine E-Mail. Ich kann nicht verstehen, warum sich die Befürworter von Anti-Doping-Regeln im Schach einerseits ständig auf diesen Vertrag berufen und andererseits darum so ein Geheimnis machen.

Zusammenfassend: Das Präsidium stellt eine Anti-Doping-Ordnung zur Abstimmung, deren Wortlaut ihm vom Deutschen Schachbund vorgeschrieben worden ist, für die es keinen sachlichen Anlass gibt, deren Inhalt ihm nicht klar ist und die massiv in die Rechte aller Mitglieder des Landesschachverbandes eingreift. Ich hoffe, dass diese Ordnung und die notwendige Satzungsänderung auf der Mitgliederversammlung keine Mehrheit finden werden. Ich möchte einfach nur Schach spielen.

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